Die Alben des Jahres 2023 von Gérard Otremba

Wilco by Charles Harris

Sounds & Books-Chefredakteur Gérard Otremba präsentiert seine Alben des Jahres 2023

Überaus produktiv zeigten sich Wilco zuletzt. 2022 noch das Doppelalbum „Cruel Country“ (physisch erst im Januar dieses Jahres), und im September nun „Cousin“, das sich in meiner Liste der Alben des Jahres 2023 gegen die Konkurrenz durchgesetzt hat. Gefolgt von diversen wunderbaren anderen Alben. Meistens ist ein neues Album der von mir sehr geschätzten PJ Harvey in meiner Endjahresliste quasi gesetzt. Doch das im Juli erschienene neue Werk „I Inside The Old Year Dying“ blieb mir trotz den intensiven Erfahrung letztlich fremd und berührte mich weit weniger als andere ihrer Platten. Weshalb sie hier keinen Einlass findet. Aber es gab dieses Jahr noch andere schöne Alben, die meines Erachtens erwähnt werden sollten. Durch einen Klick auf die markierten Titel gelangt ihr zu den jeweiligen Albumreviews. Und nun wünsche ich viel Spaß mit meiner Liste der

Alben des Jahres 2023

1. Wilco: Cousin

Die Chicagoer Band um Sänger und Songwriter Jeff Tweedy hat nach den zwei wundervollen Alben „Ode To Joy“ und „Cruel Country“ wieder die Lust an mehr Experimenten gefunden. Sucht wieder die Nähe zu „Yankee Hotel Foxtrott“ (2002) und „The Whole Love“ (2011) und in dieser Form bleibt mir nichts anderes übrig, als das neue Album meiner zeitgenössischen Lieblingsband auf Platz 1 der Liste der Alben des Jahres 2023 zu setzen (was in den letzten Jahren absolut kein Automatismus war). Lieblingssongs: „Ten Dead“, „Pittsburgh“, „Soldier Child“. (Beitragsbild: Wilco by Charles Harris)

2. Tristan Brusch: Am Wahn

„Tristan Brusch am vorläufigen Höhepunkt seiner Kunst“, schrieb ich in meiner Review über „Am Wahn“. Besser kann es gefühlt auch nicht mehr werden. Und mit meiner Gefühlsskala spielen, das konnte dieses Jahr der Berliner Songwriter wie kein anderer. Lieblingssongs: „Baggersee“, „Oh Lord“, „Am Herz vorbei“.   

3. Husten: Aus einem nachtlangen Jahr

Für mich so eine Art deutsches Pendant zu Wilcos „Cousin“. Experimenteller und auch etwas düsterer als das Debüt, aber auch immer noch geradliniger Songwriter-Indie-Rock der Marke Gisbert zu Knyphausen, Moses Schneider und Tobias Friedrich. Lieblingssongs: „Weiße Tiger“, „Flamingo Hotel“, Ja und ja“.

4. Jerry Leger: Donlands

Bereits 2019 mit „Time Out For Tomorrow“ und 2022 mit „Nothing Pressing“ stand der kanadische Musiker in meiner Top-Ten. Und weil sein Songwriting auf einem konstant hohen Niveau bleibt, gehört auch „Donlands“ zu meinen Favoriten. Lieblingssongs: „Three Hours Ahead Of Midnight“, „Wounded Wing“, „Out There Like The Rain“.  

5. Christian Kjellvander: Hold Your Love Still

Wer das beste Album herausbringt, das Nick Cave nie gemacht hat, der hat bei mir natürlich einen Platz in den Top-Ten der Alben des Jahres 2023 sicher. Diese unfassbare Sehnsuchtsgrandezza haut mich jedes Mal um. Lieblingssongs: „Notes From The Drive Between Simat And Alcoi“, „Disgust For The Poor“, „Gathered Here Today“.

6. Natalie Merchant: Keep Your Courage

Da ja Weyes Blood dieses Jahr kein neues Album veröffentlicht hat, geht die beste Platzierung einer Frau auf meiner Liste diesmal sehr verdient an Natalie Merchant. Edleren Songwriter-Pop habe ich dieses Jahr nicht gehört. Lieblingssongs: „Come On, Aphrodite“, „Sister Tilly“, „Narcissus“.

7. Ben Folds: What Matters Most

Der Piano-Mann schlägt zurück. Okay, genauso edler Songwriter-Pop wie der von Frau Merchant. Große Kunst. Lieblingssongs: „Winslow Gardens“, „What Matters Most“, „Clouds With Ellipses“. 

8. Israel Nash: Ozarker

Als alter Springsteenianer kann ich vom guten alten Heartlandrock natürlich nie genug bekommen. Und auf Nashs „Ozarker“ versammeln sich in der Dichte die goßartigsten Americana-Heartland-Hymnen des Jahres. Lieblingssongs: „Ozarker“, „Pieces“, „Shadowland“.

9. Lucinda Williams: Stories From A Rock N Roll Heart

Comeback-Album nach Schlaganfall der Americana-Blues-Rock-Lady. Und was für eins (ja okay, kein „Car Wheel On The Gravel Road“ und kein „Essence“, aber trotzdem super). Und Bruce Springsteen singt mit. Lieblingslieder: „New York Comeback“, „Rock N Roll Heart“, „Never Gonna Fade Away“.

10. Element Of Crime: Morgens um vier

Na klar, ohne ein neues Album von Element Of Crime wäre meine Liste natürlich nicht vorstellbar. Ewige Liebe. Lieblingssongs: „Morgens um vier“, „Dann kommst du wieder“, „Unscharf mit Katze“.

11. Harp: Albion

Endlich neue Musik von Ex-Midlake-Sänger Tim Smith. Ich verfalle nur zu gerne seiner pastoral-sehnsüchtigen Stimme und seinem entrückten Indie-Folk-Rock. Lieblingssongs: „I Am The Seed“, „Shining Spires“, „A Fountain“.

12. Noel Gallagher’s High Flying Birds: Council Skies

Sein bestes Post-Oasis-Album so far. Muss dementsprechend von mir mit einer Eintragung in der Liste der Alben des Jahres 2023 gewürdigt werden. Lieblingssongs: „Dead To The World“, „Love Is Rich Man“, „Council Skies“.  

13. Teenage Fanclub: Nothing Lasts Forever

Gitarren-Indie-Pop und Folk-Rock mit den mal wieder schönsten Harmonien und Melodien. Die Welt wäre um so viel ärmer ohne die Schotten. Lieblingssongs: „Back To The Light“, „Tired Of Being Alone“, „I Will Love You“.

14. The Rolling Stones: Hackney Diamond

Wow, ein ganz starkes Alterswerk. Und bei „Live By The Sword“ sind der verstorbene Drummer Charlie Watts sowie der längst ausgestiegene Bassist Bill Wyman zu hören. Und bei „Bite My Head Off“ Paul McCartney am Bass. It‘s only rock‘n’roll, but I like it. Lieblingssongs: „Sweet Sounds Of Heaven“, „Bite My Head Off“, „Angry“.

15. Feist: Multitudes

Feist zumeist auf leisen Sohlen. Und mal wieder unwiderstehlich. Lieblingssongs: „Borrow Trouble“, „Love Who Are Meant To“, „Of Womankind“.

16. Helena Deland: Goodnight Summerland

Laurel-Canyon-Indie-Folk wie er schöner nicht sein könnte. Und ein Quantensprung zum auch schon guten Debütalbum der Kanadierin. Lieblingssongs: „Bright Green Vibrant Gray“, „The Animals“, „Drawbridge“.

17. Ron Sexsmith: The Vivian Line

Der Kanadier verwöhnt schon seit vielen, vielen Jahren meine Ohren. So auch mit „The Vivian Line“. Mit dieser Musik kann ich ruhig mal „Outdated And Antiquated“ sein.  Lieblingssongs: „What I Had In Mind“, „Outdated And Antiquated“, „Country Mile“.

18. CATT: Change

Eine neue Liebe ist erwacht. Die Liebe zu CATT-Musik. Wunderschöner Songwriter-Indie-Pop aus Berlin. Lieblingssongs: „Change“, „No One Ever Tells You“, „Spell Me Free“.

19. Belle And Sebastian: Late Developers

Irgendwann habe ich auch Belle And Sebastian ewige Treue geschworen. Und sie verzücken mich auch mit „Late Developers“. Lieblingssongs: „Give A Little Time“, „When The Cynics Stare Back From The Wall“, „The Evening Star“.

20. Robert Forster: The Candle And The Flame

Robert Forster bringt mir eben mit jedem neuen Solo-Album halbwegs die Go-Betweens-Zeit wieder zurück. Lieblingssongs: „Tender Years“, „Always“, „The Roads“.

21. Blur: The Ballad Of Darren

Schön, dass sich Blur nach acht Jahren wieder zu einem neuen Album aufgerafft haben. Und das zu eienm richtig guten. Lieblingssongs: „The Narcissist“, „The Ballad“, „Barbaric“.

22. Staring Girl: Schräg fällt das Licht

Und immer wieder gerne gehört, der Indie-Songwriter-Folk-Rock der Hamburger Band Staring Girl. Lieblingssongs: „Die Liebe ist von allem das Größte“, „Plattenweg im Sommer“, „Licht im Flur“.

23. Niels Frevert: Pseudopoesie

Der Hamburger Songwriter mal wieder in Bestform. Lieblingssongs: „Fremd in der Welt“, „Pseudopoesie“, „Träume hören nicht auf bei Tagesanbruch“.

24. Slow Leaves: Meantime

Noch ein Kanadier. Immer noch viel zu unbekannt in Deutschland. Muss sich ändern. Lieblingssongs: „American Band“, „Jenny“, „Happy All The Time“.

25. Angie McMahon: Light, Dark, Light Again

„Der ewige Kreislauf des Lebens, eingefangen in einigen der besten Songwriter-Indie-Rock-Songs des Jahres“ waren meine Abschlussworte in der Review zum zweiten Album der australischen Musikerin. Reicht für eine Platzierung in der Liste der Alben des Jahres 2023. Holte mich mit ihrer Direktheit mehr ab als PJ Harvey. Lieblingssongs: „Devine Fault Line“, „Letting Go“, „Black Eye“.

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