Ein souveräner Auftritt des nordirischen Altmeisters am 22.07.2015 im Hamburger Stadtpark
von Gérard Otremba
Ehre, wem Ehre gebührt. Im Vorprogramm von Van Morrison tritt das Hamburger Duo JOCO auf. Die Schwestern Cosima und Josepha Carl überzeugen mit ihrem traumhaft schönen Harmoniegesang, sich selbst spartanisch an Keyboard und Percussion begleitend. Anfang Juni erschien ihr in den Londoner Abbey Road Studios aufgenommenes Album Horizon, aus dem sie einige wunderbar Songs vortrugen, wie „Why Didn’t I See“, „Sailors“, „Bleeding“, „Over The Horizon“ und „Mr. Mountain“. JOCO, ein Duo auf dem Weg nach oben.
Technische Probleme und virtuose Musiker
Der Ende August 70 Jahre alt werdende Van Morrison betritt bereits eine Viertelstunde nach Support-Ende die Freilichtbühne des Stadtpark-Open-Air-Geländes, um sich mit seiner fünfköpfigen Band mit „Celtic Swing“ warmzuspielen. Dummerweise stören den Meister aus Belfast im Folgenden Details an Klang und Verbindung, so dass die Techniker aufgeregt über die Bühne huschen, um Van Morrisons Befehle auszuführen. Somit werden die Songs „Close Enough For Jazz“, „By His Grace“ und „Carrying A Torch“ durch die Ablenkungsmanöver leicht beeinträchtigt, doch in den insgesamt 100 Minuten Spielzeit zeigt sich Van Morrison alles in allem souverän und abgeklärt. Van Morrison, neben seines Gesangs auch das Saxophon spielend, umgibt eine altersweise Coolness, immer zwischen konzentriert und halb gelangweilt changierend. Seine Band besteht ausnahmslos aus Könnern ihres Fachs, ob Dave Keary (Gitarre), Paul Moore (Bass), Bobby Ruggiero (Schlagzeug), Dana Masters (Vocals) oder Paul Moran (Keyboard, Orgel, Trompete), alle tragen sie ob ihrer virtuosen Spielart einen großen Anteil an der Zufriedenheit des Publikums mit der dargebotenen Musik.
Diverse Van Morrison-Klassiker und eine „Gloria“-Miniversion
Morrisons altbekannte Mischung aus Jazz, Blues, Swing, Soul, Rock’n’Roll und Rhythm & Blues wird dankend angenommen und beim Blues-Medley mit „Baby Please Don’t Go“, „Parchman Farm“ und „Don’t Start Crying“ zum erst Mal euphorisch bejubelt. Mit „Days Like This“, „Moondance“, „Brown Eyed Girl“, „Bright Side Of The Road“, „Jacke Wilson Said“ (einige Jahre später von den Dexy’s Midnight Runners gecovert) und natürlich „Gloria“ aus alten Them-Tagen hat Van Morrison einige seiner großen Klassiker im Live-Repertoire an diesem angenehm warmen Hamburger Mittwochabend. Während „Moondance“ jedoch genüsslich mit Soloeinlagen aller Musiker ausgekostet wird, cancelt Morrison „Gloria“ im großen Finale mit einer Miniversion ab. Da hätte man sich eine Zehn-Minuten-Variante des unverwüstlichen All-Time-Favourites gewünscht. Aber so ist das manchmal mit der Erwartungshaltung an Musiker und deren Konzerte.
An den Glanz-Auftritt beim Loreley-Festival von 1999 reicht der Gig im Hamburger Stadtpark nicht ganz heran, aber das ist, wie so häufig, Jammern auf hohem Niveau. Immerhin lief der Auftritt auch nicht aus dem Ruder, wie im Jahre 2000 beim Kölner Jamboree-Festival, als Van Morrison, wohl ordentlich bekifft, sich von einem Lachflash zum nächsten hangelte und einige Konzertgäste verwirrt und enttäuscht zurückließ. Doch diese Zeiten sind vorbei. Nach 22 Songs verabschiedet sich Van Morrison mit einem knappen „Danke schön“ (eine ausufernde Kommunikation mit dem Publikum ist seine Sache nicht, aber auch das sollte jedem Van Morrison-Konzertbesucher bekannt sein), lässt seine Band noch einige Minuten weiterspielen, bevor diese nach diversen Solo-Einlagen das Konzert beendet. Ein stilsicherer und gekonnter Van Morrison-Aufritt.