Überzeugender Debütroman der indischen Autorin Lavanya Sankaran
von Gérard Otremba
Nicht nur der Titel von Lavanya Sankarans Debütroman verbreitet Zuversicht, auch der Erzählfluss und Sprachrhythmus von Die Farben der Hoffnung lassen den Leser freudig und optimistisch die 450 Seiten verschlingen. Lavanya Sankaran ist in Indien geboren, studierte in Pennsylvania, arbeitete als Investmentbankerin in New York und als Unternehmensberaterin in Indien. In ihrem Geburtsort Bangalore siedelt Sankaran die Geschichte Anand Murthy und Kamala an, zwei entgegengesetzte Pole der indischen Gesellschaft. Anand, verheiratet, zwei Kinder, ist Besitzer der Autozulieferfirma Cauvery Auto und steht kurz vor einen Deal mit der japanischen Mutterfirma eines Kunden, der die Internationalisierung des eigenen Betriebs zur Folge hätte. Kamala, verwitwete Analphabetin, alleinerziehende Mutter des in die Pubertät kommenden Narayan, schlägt sich seit Jahren am Existenzminimum durchs Leben und arbeitet als Putzhilfe bei Anand, den Launen seiner exzentrischen Frau Vidya ausgeliefert sowie hineingezogen in die Intrigen ihrer faulen Putzkollegin Thangam und der arroganten Köchin Shanta.
Ihr Leben ist ganz auf die Zukunft ihres Sohnes ausgerichtet, für den sie sich abrackert und für den sie sterben würde. Anand wiederum benötigt dringend neues Bauland, um seine Firma für die bevorstehende Expansion zu rüsten und verstrickt sich unausweichlich im Korruptionssumpf zwischen Landbesitzern, Maklern und Politikern. Außerdem sorgt sein Schwiegervater für geschäftliche und private Irritationen, so dass Anands Leben plötzlich aus den Fugen zu geraten scheint. Lavanya Sankaran entwickelt ein feines, liebevolles Gespür für ihre Figuren, mit denen wir atemlos in die neue indische Welt eintauchen und deren Weg wir mit Begeisterung bis zum Ende des Romans begleiten, Komik und Tragik inklusive. Tradition, Moderne, Kapitalismus, Reichtum und Armut, finanzielle und persönliche Abhängigkeiten, Bildung und Konventionen, Sankaran breitet ein Füllhorn an Themen aus, nie aufdringlich und belehrend, sondern immer der Situation angepasst. Die indische Schriftstellerin überzeugt mit der Leichtigkeit des Schreibens, amerikanische Erzähltraditionen hinterlassen ihre Spuren. Die Farben der Hoffnung ist ein intelligenter Unterhaltungsroman, der hoffentlich viele Leser begeistern wird.
Lavanya Sankaran: Die Farben der Hoffnung, Diogenes Verlag, Hardcover, 978-3-257-86245-4, 21,90 €.
Das Buch liegt bereits seit der Buchmesse bei mir rum. Anscheinend sollte ich es dringend zur Hand nehmen 🙂 Es klingt nach einem beeindruckenden Debüt.
Liebe Grüße
Mareike
Ja, mach es Dir gemütlich und genieße den Roman. Ein literarischer Schmöker im positivsten Sinne. Liebe Grüße, Gérard
Eine Buchbesprechung, die Lust macht auf den Roman. Von den Indern kenne ich bisher nur Rushdie, Amitav Ghosh und Rohinton Mistry (‚Das Gleichgewicht der Welt‘, super Roman, Fischer Taschenbuch, 1999), viele Grüße, Gerhard
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