Robert Carl Blank: Ungefähr genau hier.

Robert Carl Blank ist ein alter Hase im Singer-Songwriter-Geschäft. Jetzt legt der Hamburger erstmals ein ganzes Album auf Deutsch vor. Das Ergebnis ist in jeder Hinsicht brillant.

von Werner Herpell

Fast 50 Jahre alt musste Robert Carl Blank werden, um sein erstes deutschsprachiges Album herauszubringen. Und dann gleich ein so herausragendes wie „ungefähr genau hier.“. Man ist als Hörer abwechselnd elektrisiert von so viel melodischer Grandezza und tief berührt von der feinen lyrischen Sensibilität der Texte. Für diesen Review-Schreiber gibt es kaum einen ehrenvolleren „Liedermacher“-Vergleich als den mit Gisbert zu Knyphausen oder Dota Kehr – aber in dieser Liga spielt der 1975 geborene Blank tatsächlich. Mit anderen Worten und um gleich nochmal mit der Tür ins Haus zu fallen: „Ungefähr genau hier.“ ist ein Fall für die (mindestens!) Deutschpop-Jahresbestenlisten 2024.

Gute, unprätenziöse Texte

Robert Carl Blank Ungefähr genau hier Albumcover

So beginnt das vorab ausgekoppelte Lied „Der Seemann“ mit dieser schönen Strophe: „Guten Morgen, steh auf/ein neuer Tag/Schau in den Spiegel und sag/dass du dich magst/Du kannst ruhig lügen/kriegt ja sonst keiner mit/Außer der Affe/der auf deiner Schulter sitzt.“ Es geht um Selbstakzeptanz, den täglichen Frust und seine Bewältigung, auch um eine Anleitung zum Lebensmut. Und trotz des schweren Themas und all der Melancholie („Alles dreht sich/nichts kommt dabei raus/Ein Aschenbecher voll/mit grandiosen Ideen/Der letzte macht das Licht aus“) findet Robert Carl Blank hier so gute, unprätenziöse Worte, dass man aus dem Staunen kaum heraus kommt über dieses wundersame Deutschpop-Debüt des Hamburger Songschreibers.

Als „Chronist des Lebens in seinen Schönheiten und Sonderbarkeiten“ schildert Blanks Label Songwerft seinen Schützling, und es lobt dessen „Blick auf alles Menschliche“. Das traf schon früher zu auf englischsprachige, zwischen Blues, Folkrock, Beatles-Pop und Singer-Songwriter-Musik pendelnde Alben wie „Soul Circus“ (2008), „Rooms For Giants“ (2015), „Fairground Distractions“ (2016) oder „The Poet“ (2019). All diese stilistischen Elemente findet man nun auch auf „ungefähr genau hier.“. Es sind herrlich produzierte und teilweise opulent arrangierte Songs, die auch mal an Josh Rouse, Conor Oberst, Neil Young oder Ron Sexsmith erinnern. Der Sophisticated-Pop-Song „Lieder für dich“, die wehmütige Ballade „Wie viel ist genug?“ oder das bombastische „Vom großen Glück“ etwa können mit ihrer melodischen Pracht regelrecht euphorisch stimmen.

„Dichter an mich ran“

Textlich widmet sich der ursprünglich aus dem Hessischen stammende Sänger und Gitarrist einem sehr persönlichen, dem eigenen mittleren Alter angemessenen Thema – der Reise zu sich selbst. „Ich habe das Gefühl, jetzt erst nach so vielen Jahren des Songwritings und Aufnehmens aus der Tarnung zu kommen“, sagt Blank. „Was diese Enttarnung ausgelöst hat, weiß ich nicht, aber ich komme mit dieser Platte dichter an mich ran.“ Oft findet der Songwriter dennoch nur mehr Fragen als Antworten: „Und ich begreif nicht/was hier vorgeht/Alles ist wie ein Traum/Ich war noch nie/so nah dran/und bin trotzdem/im Nebenraum“, singt Blank in einem imaginären Brief an sich selbst, dem beeindruckenden „Tief genug“.

Und warum nun zum ersten Mal ein Album auf Deutsch? „Ich fing quasi bei null an und stellte mir ständig die Frage: Wie soll meine Sprache klingen? Was ist meine Identität als Künstler, der nun auf Deutsch singt?“, fragte sich auch Robert Carl Blank. „Es war eine riesige Herausforderung für mich, da ich im Englischen immer sehr blumig getextet habe. Aber die Schärfe der deutschen Sprache hat mir gutgetan. Ich habe viel Neues entdeckt.“ Wir Hörer können nun froh sein über diese Selbstüberwindung und Selbstentdeckung.

Robert Carl Blank und ein Retter

Neben dem Komponisten und Texter Blank gibt es noch einen Musiker aus der durchaus üppig besetzten Band hervorzuheben: den Gitarristen, Keyboarder und Produzenten Jörn Schlüter, vielen Lesern von Sounds & Books wohlbekannt als fleißiger Autor für den „Rolling Stone“ und als Bandleader von Someday Jacob. Die beiden erfahrenen Musiker hatten sich auf einer gemeinsamen UK-Tournee kennengelernt. „Ich wusste, dass ich diese Platte nicht ohne Hilfe machen könnte“, betont Blank. „Jörn Schlüter to the rescue! Man kann bei jeder Platte so unfassbar viele Fehler machen, aber bei diesem Album hat einfach alles von Anfang an in sich gegriffen. Ich habe nicht zu jedem Zeitpunkt immer alles begriffen, was wir da so an Aufnahmen gemacht haben, aber es gab ein Urvertrauen, das sich am Ende auch bestätigte.“

Kann man wohl sagen. Das Ergebnis „Ungefähr genau hier.“ ist ein neues Meisterstück des deutschsprachigen Songwriter-Pop.

Das Album „Ungefähr genau hier.“ von Robert Carl Blank erscheint am 05.04.2024 bei Songwerft. (Beitragsbild von Frank Wesp)

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Kommentare

  • <cite class="fn">Claus Hoof</cite>

    Ich war extrem skeptisch, ob deutsche Texte funktionieren würden.
    Ich war extrem überrascht, als ich das Album zum ersten Mal aufgelegt habe. (Wir haben es im Crowdfunding schon vor dem Release bekommen).

    Robert klingt auf Deutsch frischer (jünger), weniger routiniert und echter als auf den englischsprachigen Alben. Das macht Spaß!

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