Kamasi Washington: Fearless Movement

Kamasi Washington credit Vincent Haycock

Ein absolutes Überalbum: Kamasi Washington spielt auf „Fearless Movement“ Musik, die das Irdische weit hinter sich lässt

von Sebastian Meißner

Sechs Jahre sind seit seinem letzten Album „Heaven And Earth“ vergangen. Und auch, wenn Kamasi Washington 2020 den Soundtrack zur Michelle Obama- Doku „Becoming“ veröffentlichte, kommt erst jetzt wirklich neue Musik des Saxophon-Giganten. Es ist einiges passiert in dieser Zeit. Trump ist nicht mehr Präsident, Corona ist gekommen und wieder verschwunden, und – am allerwichtigsten – : Kamasi Washington ist zum ersten Mal Vater geworden. Seine Tochter Asha hat seinen Blick auf die Welt grundlegend verändert. „Meine Sterblichkeit wurde mir klarer, aber auch meine Unsterblichkeit – die Erkenntnis, dass meine Tochter weiterleben und Dinge sehen wird, die ich nie sehen werde. Ich musste mich damit anfreunden, und das wirkte sich auf die Musik aus, die ich machte.“

Geist durch Körper

Zu hören ist diese

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Musik auf „Fearless Movement“, Washingtons fünftem Solo-Album. Das Album ist zwölf Stücke lang und Washington nennt es ein Tanzalbum. Allerdings nicht im eigentlichen Sinne. „Tanz ist Bewegung und Ausdruck, und in gewisser Weise ist es dasselbe wie Musik – man drückt seinen Geist durch seinen Körper aus. Das ist es, was dieses Album antreibt.“ Schon der Opener „Lesanu“ macht klar, was Washington damit meint. Der Song schichtet Spur über Spur, baut sich ins einen knapp neuneinhalb Minuten immer weiter auf und erreicht spätestens im zweieinhalb minütigen Solo von Washington Mount Everest-Größe.

Washingtons Spaziergang durch die Genres

Kamasi Washington Fearless Movement Cover

Washingtons Spiel hat etwas außerweltliches, transzendentales und seine Präsenz treibt auch die Mitmusiker:innen zu Höchtstleistungen. Dasselbe gilt für seine Albumgäste: In dem seiner Tochter gewidmeten und von ihr inspirierten „Asha The First“ basst sich Thundercat in andere Sphären. Im psychedelisch-meditativen „Dream State“ glänzt André 3000 an der Flöte. Weitere Gäste sind unter anderem George Clinton, BJ The Chicago Kid, Brandon Coleman, D Smoke und Terrace Martin. Sie alle wachsen an der Seite von Kamasi Washington über sich hinaus. Und sie sind Beleg für Washingtons federleichten Spaziergang durch die Genres und Generationen. Jazz, Soul, Hip-Hop: Washingtons multidisziplinäre Perspektive ist der Schlüssel zu dieser neuen Form von Musik.

Ein monumentales Album von Kamasi Washington

Im alles überragenden „Road To Self“ (fast 13:30 Minuten lang) hört man am besten, was dabei herauskommt: Der Track verwischt alle denkbaren Grenzen und vereint ohne Anstrengung die unterschiedlichsten Perspektiven und Ansätze und wird dadurch universell gültig. Beim Hören hat man das Gefühl, der Schöpfung direkt in die Augen zu sehen. „Fearless Movement“ ist mehr als ein Album. Mehr als Musik. Mehr als Menschen eigentlich machen können. Dieses Werk wird einst wie selbstverständlich in einer Reihe stehen mit denen von Coltrane, Coleman, Dolphy und Sanders. Monumental.

„Fearless Movement“ von Kamasi Washington erscheint am 03.05.2024 bei Young Records / Beggars. Beitragsbild von Vincent Haycock)

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