Leyla McCalla: Sun Without The Heat

Leyla McCalla by Chris Scheurich

Mit ihrem neuen Soloalbum gesellt sich Leyla McCalla endgültig zu den großen Americana-Künstlerinnen. Und sie wirkt prominent auf einem „Black Country“-Tribute mit.

von Werner Herpell

Ihre Musiker-Freundinnen Allison Russell und Rhiannon Giddens haben gerade erst mit ihren aktuellen Alben bei den Grammys 2024 mächtig beeindruckt, da kommt auch Leyla McCalla mit einer großartigen Platte um die Ecke. Auf „Sun Without The Heat“ mischt die 38-jährige, in New York City als Tochter haitianischer Emigranten geborene Sängerin Afropop, Folkrock, Blues und Soul-Jazz mit den exotischen Sounds ihrer Vorfahren, spielt dazu Cello, Tenor-Banjo und Gitarre, um ihren anspruchsvollen Fusion-Stil so zu neuer Blüte zu entwickeln. Man würde sich nicht wundern, wenn McCalla demnächst selbst auf der Shortlist für den wichtigsten Musikpreis der Welt stände.

Musikerin und Aktivistin

Leyla McCalla Sun Without The Heat Cover

Schon mit früheren Soloalben und dem

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Frauen-Projekt Our Native Daughters (zusammen mit Russell, Giddens und Amythyst Kiah) tat sich McCalla nicht nur als Musikerin hervor, sondern auch als Aktivistin für die Belange schwarzer Menschen. Sie schöpft ihre lyrische Inspiration unter anderem „aus den Schriften der schwarzen feministischen afrofuturistischen Denkerinnen Octavia Butler und Adrienne Maree Brown“, teilt ihr Label Anti- im PR-Text mit. „Wie diese Autorinnen sucht McCalla im Songwriting nach Wegen, um Glaube und Hoffnung zu stärken, das Gemeinschaftsdenken zu fördern und die persönliche Transformation zu katalysieren.“

Ihr Songwriting sei „eine Methode, um die Geschichten zu erzählen, die erzählt werden müssen“, sagt die US-Amerikanerin und betont: „Manchmal sind es schmerzhafte Geschichten, die erzählt werden müssen.“ Es ist also ein ambitioniertes Programm, das die Texte von „Sun Without The Heat“ prägt – dennoch sind diese Lieder nicht schwer zugänglich oder verkopft, sondern wunderbar lässig und lebensfroh arrangiert und instrumentiert.

Eine meisterhafte Platte von Leyla McCalla

„Tree“ und „Tower“ sind nur zwei Musterbeispiele für die Klasse von Leyla McCalla und ihrer Band – starke Melodien, fantastischer Gesang, Gitarrenkunst zum Niederknien. Und mit „So I’ll Go“ schenkt uns diese hochtalentierte Künstlerin gleich noch einen jazzig-bluesigen Track, der ebenso gut von Billie Holiday oder Aretha Franklin stammen könnte. Die intensive Piano/Cello-Ballade „I Want To Believe“ ganz am Ende dieser meisterlichen Platte treibt endgültig Tränen in die Augen.

Leyla McCalla eröffnet mit dem vorwärtstreibenderen, aber ähnlich bewegenden Lied „Small Towns“ auch den Reigen des Tribute-Samplers „My Black Country: The Songs Of Alice Randall“, der den Beitrag schwarzer Frauen für die Country- und Folk-Musik feiert (angesichts des Nummer-eins-Hits von Beyoncé derzeit ein großes Thema im Pop). Auch Rhiannon Giddens und Allison Russell sind auf der Kompilation mit Randall-Liedern vertreten, außerdem in Fachkreisen bekannte Musikerinnen wie Valerie June, Sunny War, die souligen SistaStrings und Adia Victoria.

„My Black Country“ ehrt Alice Randall

My Black Country The Songs Of Alice Randall cover

Die Female-Americana-Platte erscheint in Verbindung mit Alice Randalls Memoiren. Seit mehr als vier Jahrzehnten ist die Bestsellerautorin („The Wind Done Gone“) und Pädagogin eine der wenigen schwarzen Songschreiberinnen in Nashville. Randall, die Anfang Mai ihren 65. Geburtstag feiert, sagt über die eigene Arbeit: „Weil alle Sänger meiner Lieder weiß waren, weil der Country das Leben der Schwarzen aus dem Raum des Country verdrängt hat, nahmen die meisten meiner Zuhörer an, dass die Stars meiner Lieder alle weiß waren. Ich wollte meine schwarzen Charaktere retten. Dieses Album tut das; es stellt die schwarze weibliche Kreativität in den Mittelpunkt, aber es heißt Mitgestalter und Verbündete aus einer Vielzahl von Identitäten willkommen. Das ist die gute Ernte: Liebe und Schönheit in Hülle und Fülle für alle.“

Besser kann man es nicht ausdrücken. „My Black Country…“ ist eine gebührende Ehrung für Alice Randall – und die perfekte, intellektuell gleichwertige Ergänzung zu Leyla McCallas neuem Soloalbum.

Das Album „Sun Without The Heat“ von Leyla McCalla erscheint am 12.04.2024 bei Anti-. – Der Tribute-Sampler „My Black Country: The Songs Of Alice Randall“ wird am selben Tag bei Oh Boy Records/Thirty Tigers/Membran veröffentlicht. (Beitragsbild von Chris Scheurich)

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