AnnenMayKantereit: Alles Nix Konkretes – Album Review

Charmanter und gefälliger Befindlichkeits-Pop des Kölner Quartetts

von Gérard Otremba

Nach dem ersten Hören des Albums „Alles Nix Konkretes von AnnenMayKantereit weiß man, warum die Frühjahrs-Tour des Kölner Quartetts ausverkauft ist. Man weiß aber auch, dass der Altersschnitt des Publikums irgendwo zwischen 16 und 27 Jahren liegen wird. Spätestens nach dem zweiten Hören der Platte ist auch klar, dass man AnnenMayKantereit keinen Gefallen mit dem Titel „Die Beatles von Köln-Sülz“ tut. In dieser sakrosankten Liga der Meister aller Klassen spielt von den aktuellen Bands in Prinzip nur Wilco mit, AnnenMayKantereit sicher nicht. Henning May singt mehr wie der kleine Bruder von Rio Reiser und nicht wie John Lennon, Paul McCartney, George Harrison oder Ringo Starr.

Hier enden dann auch die Gemeinsamkeiten mit Ton Steine Scherben, denn mit dem Polit-Rock der Reiser-Combo haben AnnenMayKantereit nun wirklich nichts am Hut. Rio Reisers Ideale waren andere, als „Ich würd‘ gerne mit dir in `ner Altbauwohnung wohnen. Zwei Zimmer, Küche, Bad und `nen kleinen Balkon“, wie Henning in „3. Stock“ dichtet. AnnenMayKantereit liefert auf Alles Nix Konkretes den Soundtrack für die deutsche Generation Y bis Z, die wahrscheinlich genauso unkonkret durchs Leben stolpert, wie es der Albumtitel impliziert. Diese neue zwischenmenschliche Befindlichkeit spüren die Kölner massenwirksam nach und klingen in ihren von akustischer Gitarre und Bassdrum dominierten Songs wie „Pocahontas“ und „Wohin du gehst“ natürlich viel mehr wie Mumford & Sons als die Fab Four aus Liverpool.

Mays durchdringende Stimme drückt den gefälligen musikalischen Entwurf zwischen Folk und Pop zweifellos den Stempel auf. In „Es geht mir gut“ nähern sich Sänger und Pianist Henning May, Gitarrist Christopher Annen, Schlagzeuger Severin Kantereit und Bassist Malte Huck dem funky New Wave von Franz Ferdinand, im bluesig-jazzigen „Bitte Bleib“ schimmern dann die Scherben ohne politischen Überbau kurz durch, eins der besten Stücke auf Alles Nix Konkretes. Auch die dunkle Dramaturgie in „Neues Zimmer“ gehört zu den Albumhighlights, genauso wie der ausgelassene Soul-Funk von „Das Krokodil“. Im galoppierenden „21, 22, 23“ fassen AnnenMayKantereit ihr Jungstudentenmanifest zusammen.

Du verschwendest deine Jugend zwischen Kneipen und Wgs. Und du wirst 21, 22, 23 und du kannst noch gar nicht wissen, was du willst. Und du wirst 24, 25, 26 und du tanzt nicht mehr wie früher…Du sagst immer, das liegt alles nicht an dir, und bestellst dir noch ein Bier. Und wenn ich dich dann frage, was du werden willst, sagst du immer nur: ‚Ich weiß nicht. Hauptsache nicht Mitte dreißig.“ Alles nix Konkretes eben im Leben der heutigen Jugend, die AnnenMayKantereit porträtieren. Konkreter ist dann schon ihre Musik, die überwiegend charmant und reizvoll ist. Nur mit den Beatles hat das nicht wirklich was zu tun.

„Alles Nix Konkretes“ von AnnenMayKantereit ist am 18.03.2016 bei Vertigo / Universal Music erschienen.

 

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Kommentare

  • <cite class="fn">Mareike</cite>

    Ich höre ja nicht sehr viel Musik. Aber diese Band hat es mir seit etwa nem halben Jahr sehr angetan. Erinnert mich an meine Jugend oder so 😉

    Liebe Grüße
    Marieke

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