Editors: Violence – Album Review

Editors ©Rahi+Rezvani

Kein emotionaler Widerhall

Der ebenso kompromisslos wie plakativ klingende Titel Violence triggert gewisse Erwartungen an die Wirkung und Durchschlagskraft des sechsten Editors-Studioalbums. Aber das britische Quintett um den begnadeten Sänger Tom Smith löst leider keine gewaltige Woge der Begeisterung aus. Als „brutal“ beschreibt Frontmann Smith die neuen Stücke, doch viel zu oft verharrt Violence an der glattproduzierten Oberfläche und versperrt damit den Weg zu tieferen und überwältigenden Schichten, die diesem Attribut gerecht werden könnten.

Editors Violence AlbumcoverNach der Eigenproduktion von In Dream holte sich die Band für den Nachfolger Violence Unterstützung von Produzent Leo Abrahams und Benjamin John Power, alias Elektro-Musiker Blanck Mass. Während Letzterer für die krachig-elektronischen Einflüsse verantwortlich war, hauchte Abrahams den Songs mit seiner Handschrift ihren emotionalen Charakter ein. Diese Strategie ist Violence auch deutlich anzuhören, so zum Beispiel in „Hallelujah (So Low)“, dessen sanfte Akustik-Klänge in starkem Kontrast zu elektronischen Verfremdungen und Noise-Sound stehen. Daneben dominieren wütend berstende Gitarrenparts dieses von Gegensätzen durchzogene Stück, das ohne Zweifel zu den wenigen bemerkenswerten Tracks der Platte zählt. Auch das eingängige „Magazine“ gewinnt durch den unerwartet einbrechenden elektronischen Einschub in der Mitte, der das aufgenommene Tempo für einen Augenblick wieder herausnimmt, und das abrupte druckvolle und schmutzig-knarzende Ende. Andererseits mutet das Stück mit zunehmender Dauer durch die langgezogenen „Ohs“ und die wiederholten Zeilen („You’re making them sing / it don’t mean a thing“) immer mehr wie ein am Reißbrett entworfenes Mainstream-Tanzstück an.

Er sei kein großer Geschichtenerzähler, so Smith. Vielmehr wolle er, dass seine Texte auf der emotionalen Ebene einen Widerhall beim Hörer finden. Violence erhält seinen roten Faden durch wiederkehrende Aspekte zwischenmenschlicher Beziehungen wie dem Wunsch nach Intimität und tiefer Verbundenheit. An vielen Stellen findet Smith dafür Worte und Bilder, die überindividuell Anknüpfungspunkte bieten. Zweifellos eine Qualität, will man den Hörer zu einem eigenen emotionalen und gedanklichen Konstruktionsprozess anregen. Doch die Mittel, die er wählt, sind meist verbraucht und klischeehaft wie im Titeltrack „Violence“ („Baby we’re nothing but violence / desperate so desperate and fearless“) oder in „Counting Spooks“, das ebenso wie der Opener „Cold“ mit Geistern als Sinnbild für das Verlorensein in der Welt spielt. Das ist zu wenig, um ein Gefühl von Nähe herzustellen.

„Violence“ von Editors erscheint am 09.03.2018 bei PIAS (Beitragsbild: Editors by ©Rahi+Rezvani).

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