Die Bücher des Jahres 2023 bei Sounds & Books

Bücher des Jahres 2023 bei Sounds & Books

Die zehn Bücher des Jahres 2023 bei Sounds & Books, u.a. mit Percival Everett, Andreas Maier, Michael Kleeberg und Mirko Bonné

ausgewählt von Gérard Otremba

Die sich jährlich offensichtlich verringernde Lesezeit nutzte ich dieses Jahr für immer noch zahlreiche gute Bücher, zehn stelle ich in der Liste der Bücher des Jahres 2023 kurz und bündig vor. Sämtliche Buchrezensionen sind in der Rubrik Literatur einsehbar. Ich wünsche viel Vergnügen mit der Liste der

Bücher des Jahres 2023 

1. Percival Everett: Die Bäume (Hanser)

Gesellschaftsanalyse mit Krimihandlung. Um den Rassismus der USA auf den Grund zu gehen, greift Percival Everett in seinem Booker-Prize-nominierten Roman „Die Bäume“ auf einen bekannten Lynchmord der 50er-Jahre zurück und transportiert den Fall als Rache-Akt mit weitreichenden Folgen in die Gegenwart. Rasant, mitreißend, mitunter brüllend komisch satirisch verpackt.

2. Andreas Maier: Die Heimat (Suhrkamp)

Neunter Band seiner „Ortsumgehung“-Chronik. Andreas Maier schaut in die Vergangenheit und fasst mehrere Jahrzehnte, die wir in Teilausschnitten aus früheren Romanen der Reihe kennen, zusammen. Und schafft einen universellen Heimatbegriff jenseits konservativ-rechter Kreise. Sprachlich wie immer in bester klassischer Erzähltradition. Autofiktive Romane, die man ständig lese möchte.

3. Michael Kleeberg: Dämmerung (Penguin)

Michael Kleeberg verabschiedet sich im Trilogie-Abschluss „Dämmerung“ von seinem polarisierenden Protagonisten Charly „Karlmann“ Renn, der mit Anfang 60 von der Zeit überholt wird und über Wokismus und soziale Medien stolpert. Hätte natürlich mindestens auf der Long- und Shortlist für den Deutschen Buchpreis stehen müssen. Mit sehr viel Wehmut verabschiede auch ich mich von „Karlmann“ und lese die drei Bände irgendwann mal hintereinander weg. Könnten jetzt alle tun.

4. Mirko Bonné: Alle ungezählten Sterne (Schoeffling)

Auch Mirko Bonnés neuen Roman vermisste ich auf der diesjährigen Liste des Deutschen Buchpreises, aber stattdessen taucht er selbstverständlich auf meiner Liste der Bücher des Jahres 2023 auf. Nach seiner historischen Fortsetzung „Seeland Schneeland“ kehrt der Hamburger Schriftsteller mit diesem Generationenroman als Brückenbauer in die Gegenwart zurück. Sprachlich brillant und eine Liebeserklärung an die Stadt Hamburg.

5. Ulrich Woelk: Mittsommertage (C.H.Beck)

Eine Woche im Juni 2022 verändert das Leben der Ethik-Philosophie-Professorin Ruth Lember komplett. Von einem Hundebiss geplagt muss sich Woelks Hauptfigur ihrer eigenen Vergangenheit stellen. Als ein gelassener Erzähler und feiner Beobachter erweist sich Ulrich Woelk in „Mittsommertage“, ein wunderbares, literarisches Geschenk.

6. Anthony McCarten: Going Zero (Diogenes)

Ein atemberaubender und rasanter Roman über die Überwachungsmöglichkeiten eines Social-Media-Konzerns. Man wünschte, es sei eine noch abwendbare Zukunftsvision. Aber wir sind mittendrin. Die Gegenwart zeigt sich in „Going Zero“ nicht von ihrer besten Seite, Anthony McCarten als Autor indes sehr wohl.

7. Iwan Turgenjew: Das Adelsgut (Manesse)

Bereits 2018 als Neu-Übersetzung von Christiane Pöhlmann in der Manesse-Bibliothek erschienen, nun endlich gelesen. Habe mich vom russischen Realismus des 19. Jahrhunderts begeistern lassen. Muss wieder mehr Klassiker lesen. 

8. Franzobel: Einsteins Hirn (Zsolnay)

Wie die Obsession eines Pathologen an Einsteins Hirn zu seinem gesellschaftlichen Abstieg führt. Einmal mehr ein perfekt durchkomponierter, humoristischer und mit großer Fabulierkunst ausgestatteter Franzobel-Roman.

9. Colson Whitehead: Die Regeln des Spiels (Hanser)

Die Fortsetzung von „Harlem Shuffle“ fällt noch intensiver aus. Sein Protagonist Ray Carney rutscht in den frühen 70ern in sein Ganovenmilieu zurück und New York gerät zu einem herzuntergekommenen und kriminellen Moloch. Eine superbe Gesellschaftsstudie Whiteheads, von der hoffentlich bald ein dritter Teil erscheint.

10. Charlotte Gneuß: Gittersee (S. Fischer)

Selbstverständlich darf und kann ein 1992 in Ludwigsburg geborener Mensch einen Roman über die DDR im Jahre 1976 schreiben. Und Charlotte Gneuß, deren Eltern 1976 in Dresden wohnten, kann das sogar sehr gut. Ihr knapper und lakonischer Stil brachte der Debütantin den Aspekte-Literaturpreis sowie den Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung ein.

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