Colson Whitehead: Harlem Shuffle

Colson Whitehead credit Madeline Whitehead

Mit zahlreichen popkulturellen Referenzen schickt uns Colson Whitehead in „Harlem Shuffle“ in das New York der 60er-Jahre

„Das Hotel Theresa auszurauben war so, als würde man gegen die Freiheitsstatue pinkeln.“ Das Hotel Theresa galt bis zur seiner Schließung 1967 als das „Waldorf-Astoria von Harlem“ und obwohl Colson Whiteheads Protagonist Ray Carney ob dieser Geste der Respektlosigkeit weiß, beteiligt er  sich dennoch am Raubüberfall, weil er seinem brüderlich nahestehenden Cousin Freddie nichts ausschlagen kann. Während Freddie schon längst das Gaunerleben vollzieht, betreibt Ray ein Möbelgeschäft und träumt von einer Wohnung in einer besseren Gegend für seine kleine Familie. Den radikal ehrlichen Weg geht Ray indes ebenfalls nicht und betätigt sich als Hehler, teils auch für die Ware aus Freddies Beute.

Colson Whitehead und das Harlem der 60-Jahre

Colson Whitehead Harlem Shuffle Buchcover Hanser Verlag

Der afro-amerikanische Autor Colson Whitehead hat seinen Roman nach dem gleichnamigen R&B-Song des Duos Bob & Earl benannt und begleitet seine Hauptfigur im berühmten Viertel Manhattans  in drei Etappen zwischen 1959 und 1964. In Ray erfindet der 1969 in New York geborene und für seine Romane „Underground Railroad“ sowie „Die Nickel Boys“ jeweils mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Schriftsteller einen tapfer an den „American Dream“ glaubenden, aber nicht die Augen vor der Realität verschließenden Menschen, der den Spagat zwischen bürgerlicher Familienfassade und Kleinganoventum meistern muss. Dass explizit die Gaunergeschichten Rays Leben verkomplizieren und zu einem Rachefeldzug animieren, verfolgen wir im zweiten Teil, bevor abschließend Rassenunruhen in Harlem in den Mittelpunkt geraten.

Popkulturelle Referenzen und Kapitalismus-Satire

Colson Whitehead schüttet ein Füllhorn an popkulturellen Referenzen über seine Leser aus, die sich zwischen „Ocean‘s Eleven“ für Schwarze, Quentin Tarantino, Richard Stark, Hard-Boiled-Krimi und Pulp-Fiction wiederfinden, vom Autor häufig mit viel Humor als Kolportage samt Kapitalismus-Satire in Szene gesetzt. Whitehead erzählt sehr leger, geschmeidig, stilvoll, temporeich, originell und trotz des Jargons auch charmant über seine Schlawiner-Helden, die schnell unsere Herzen gewinnen. Eine nur scheinbar leichte Lektüre, die durch Whiteheads Blick auf das Schwarz-Weiße Amerika der 60er-Jahre stets mit dem nötigen Tiefgang verbunden ist.

Colson Whitehead: „Harlem Shuffle“, Hanser, übersetzt von Nikolaus Stingl, Hardcover, 384 Seiten, 978-3-446-27090-9, 25 Euro. (Beitragsbild von Madeline Whitehead)

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