Ganz schön laut beim Konzert von Anna Ternheim im Hamburger Knust
Text und Fotos von Gérard Otremba
Was nützen einem da die vielen deprimierenden Texte, wenn Anna Ternheim so viel Freude verbreitet? Die schwedische Musikerin, die sonst die Traurigkeit zum ästhetischen Prinzip erklärt, lächelt, strahlt über das ganze Gesicht, winkt und verteilt Handküsschen an das Publikum im seit Wochen ausverkauften Knust und betont immer wieder, wie glücklich sie sei. Sie konterkariert mit ihrem Habitus und den betont rockigen Arrangements die von ihr bekannte und von so vielen Menschen geliebte Schwermut. Eine melancholische Stimmung will sich am 06.04.2016 im Knust, dem Club gegenüber des St. Pauli-Stadions, nicht wirklich einstellen. Zusammen mit ihrer neuen Tourband, die aus einer Gitarristin, einer Schlagzeugerin, einem Bassisten und einem Keyboarder, der auch Trompete und Akkordeon spielt, besteht, verblüfft und begeistert die 37-jährige Anna Ternheim mit verhältnismäßig lautem Rock-Pop.
So beginnt das Konzert mit einer artifiziellen Version von „Hours“, auch Opener ihres aktuellen Albums For The Young, setzt sich mit dem wahrlich von Schönheit durchzogenen „Still A Beautiful Day“ fort, vertreibt jede Niedergeschlagenheit mit „To Be Gone“ weg, hat wehmütige Momente in „Walk Right In“ und erlebt in der Folge Dramatisches, Himmlisches und Höllisches (alles in „Girl Laying Down“). Sogar das auf Platte dahinfließende und aller Rockismen unverdächtige „Only Those Who Love“ endet in einem Rockhymnenfanal. Erst beim Josh Turner-Cover „The Longer The Waiting (The Sweetest The Kiss)“, wo nur die akustische Gitarre und das Akkordeon Ternheim begleiten und ihre so zauberhafte Stimme vollends zur Geltung kommt, ist Ruhe und Zeit für Trübsinn und Depression. Also die Attribute, die man normalerweise mit der Musik von Anna Ternheim verbindet.
Für das pompöse „Bow Your Head“ und „What Have I Done“ ist die Band wieder da, spielt sich in einen wahrhaftigen Rausch, der im düsteren, an Nick Cave erinnernden „French Love“ den nächsten Höhepunkt des Auftritts erfährt. Bei „Summer Rain“ versammeln sich die Bandmitglieder um Anna Ternheim und gemeinsam intonieren sie im Chor jenes klare, zarte, zu Herzen gehende Stück. Anschließend geht es mit dem tanzbaren Indie-Pop von „Let It Rain“ weiter, und mit dem erhaben beginnenden und im schweren Getöse endenden „My Secret“ lassen Ternheim und Band das Konzert ausklingen. Mit der akustischen Backstreet Boys-Covernummer „Show Me The Meaning Of Being Lonely“ eröffnet Ternheim den Zugabenteil und legt ganz viel Gefühl in ihre Performance, während „Calling Love“ im für Ternheim-Verhältnisse brachialen Düster-Rock badet (hat Nick Cave Ana Ternheim wirklich noch nicht zu einem Duett aufgefordert?).
Zwar beschallt „Changes“ von David Bowie bereits das Knust, doch lässt es sich Anna Ternheim nicht nehmen, für drei weitere, solo vorgetragene Songs („Wedding Song“, „Better Be“, „A Voice To Calm You Down“) auf die Bühne zu kommen, den Gästen mit Empathie und Liebe zu begegnen, zu danken und ihrer Freude Ausdruck zu verleihen, in Hamburg, wo sie, laut eigenen Angaben, 2004 ihren ersten Auftritt überhaupt hatte. Ach, es tut so gut, Anna Ternheim so glücklich zu sehen und der nächtliche Hamburger Regen lässt einen im Nachklang in Schwermut versinken.
Wir waren gestern in Frankfurt dabei – auch einfach genial! Da wir leider keine gute Fotos machen konnten, sind wir auch sehr dankbar für die starke Fotos, die Sie hier eingestellt haben – klasse! : )
Danke und schön, dass das Konzert in Frankfurt, wo ich fast zwölf Jahre lebte, auch gut war.
Ich war dabei. Es war wunderbar. Richtig gut war, neben Anna natürlich, die Schlagzeugerin.
In der Tat, eine bemerkenswerte Performance der Schlagzeugerin.
Ach, die Anna hätte ich sehr gern erlebt. Ich liebe ihre Musik. Einer ihrer Songs, „Tribute To Linn“ ist auch mein Handyklingelton. Danke, dass ich mit Deinem Beitrag am Konzert teilhaben konnte. Viele Grüße in den Norden
Ja, die Anna macht schon sehr schöne Musik, in der Tat. Danke auch und schöne Grüße zurück, Gérard