Perfekter Indie-Pop der kanadischen Band Alvvays im Hamburger Molotow
Text und Fotos von Gérard Otremba
Es ist ja nicht nur der Über-Song „Archie, Marry Me“, der die Musik von Alvvays so liebenswert macht. Obwohl manch ein Pop-Enthusiast sich schon fragt, welche Hooks und Harmonien die kanadische Band noch auffahren muss, damit ein Alvvays-Song richtig durch die Decke knallt und die Ehren erhält, die er verdient. Hier geht es ihnen ähnlich wie den Kollegen von Veronica Falls.
Doch bevor Alvvays den heimlichen Hit des Jahres 2014, von Pop-Polit zum Song des Jahres gekürt, am 09.02.2015 im Hamburger Molotow anstimmen, sorgt die aus Toronto stammende Formation Moon King als perfekter Anheizer für ausgelassene Stimmung im rappelvollen Club auf der Reeperbahn. Die Band um die Frontmusiker Maddy Wilde und Daniel Benjamin (beide Gesang und Gitarre), changiert zwischen melodiegetränktem Indie-Pop sowie Schrammel- und Shoegazer-Rock. Die Gruppe hinterlässt einen mehr als sympathischen Eindruck und Sänger Daniel Benjamin erinnert im Auftreten an eine Indie-Slacker-Nerd-Mischung aus Liam Gallagher und Michael Hutchence. Im April erscheint das Debütalbum von Moon King, eins, das man auf der Rechnung haben sollte.
Ziemlich mittig des Konzertes, an fünfter Stelle, erhebt sich „Archie, Marry Me“ und katapultiert sich aus dem Molotow hinaus in den Orbit. Eine perfekte Indie-Pop-Hymne, die trotz der grenzenlosen Euphorie eine vielen Alvvays-Songs innewohnende Melancholie nicht verbergen kann. Eine Melancholie, die sich in „Next Of Kin“, direkt auf den Opener „Your Type“ folgend, am schönsten herauskristallisiert. Von der charmanten Sängerin und Gitarristin Molly Rankin zwischen Hingabe und lässiger Beiläufigkeit intoniert, von Gitarrist Alec O’Hanley, Bassist Brian Murphy, Keyboarderin Kerri MacLellan und Schlagzeuger Phil Maclsaac fein austariert eingefangen, entwickelt der Song eine traurige Tanzbarkeit. Ähnlich ergeht es den anschließenden „The Agency Group“ und „Once Who Love You“, bevor die fluffige Catchyness mit „Arche, Marry Me“ ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Dass sich das Quintett aus Toronto ebenfalls gerne einmal dem Schrammel-Pop hingibt, zeigt es mit der Deerhunter-Coverversion „Nosebleed“ und im Zugabenteil mit dem Primitives-Cover „Out Of Reach“. Der Alvvays-Auftritt im Molotow rauscht zeitlich viel zu schnell vorbei, das selbstbetitelte Debütalbum hat nur neun Songs, acht davon gibt es zu hören, und ein Lauflänge von nur knapp 33 Minuten. Kaum erfreut man sich der überbordenden Gitarren-Pop-Musik, schon biegen Alvvays mit dem Jingle-Jangle-Pop von „Atop A Cake“, dem verspielt-melancholischen „Party Police“ und dem flotten „Adult Diversion“ auf die Zielgerade. Zwei kurze Zugaben und Alvvays entlassen ein enthusiastisches Hamburger Publikum in die Nacht hinaus.
http://vimeo.com/102130952