Mavis Staples: If All I Was Was Black – Album Review

 

Lieder, die die Welt verändern

Nazi-Aufmarsch in Charlottesville, Polizeigewalt gegen Schwarze, offener Rassismus im Weißen Haus: Die USA erleben einen Rückfall in längst überwunden gehoffte Zeiten. Befeuert von Präsident Donald Trump, der die extreme Rechte salonfähig macht, klaffen gewaltige Gräben zwischen Weiß und Schwarz, Christen und Islamisten, zwischen Arm und Reich. Mavis Staples leidet stark unter dieser Entwicklung. Die Soulsängerin hatte sich schon in den 1960er-Jahren mit den Staple Singers an der Seite von Martin Luther King in der Bürgerrechtsbewegung engagiert. Ihr Hit „Respect Yourself“ beschwor die schwarze Emanzipation. Dass alle Errungenschaften nun mit Füßen getreten werden, will sie nicht akzeptieren.

Sounds & Books_Mavis Staples_If All I Was Was Black_Cover„If All I Was Was Black“ ist ein Album über die aktuelle Lage der Nation. Staples ist wütend und kämpferisch, ihre Botschaft ist ungeschönt. Eine Abrechnung könnte man das nennen. Doch Staples sät keinen Hass, sie setzt auf die Kraft der Liebe. Wenn sie im Opener „Little Bit“ über die ständig lauernde Gefahr eines Übergriffs auf Afroamerikaner in den USA singt, wenn sie die Ohnmacht gegenüber den Polizeikräften anprangert, dann verharrt sie nicht in Zorn und Bitterkeit, sondern hängt immer auch den Aufruf zur Einigung an, den Appell zum gemeinsamen Kampf gegen das Unrecht und zu Anstand und Respekt („Poor kid, they caught him / Without his license / That ain’t why they shot him / They say he was fighting / So, that’s what we’re told / But we all know / That ain’t how the story goes“).

Auch das staubtrockene „Who Told You That“ lehnt sich gegen den Status quo auf und benennt schonungslos die Schuldigen („Oh, they lie / And they show no shame“), verharrt nicht in der Vorwurfshaltung. Das gilt für alle Songs. „Try Harder“, „No Time For Crying“ und „Build A Bridge“ sind weitere Kraftspender, an denen man sich aufrichten kann. Hier singt eine, die weiß, wie man Rassismus bekämpft. Eine, die messerscharf analysiert und Rat geben kann. Und eine, die die Kraft von Musik kennt. „Ich will die Menschen zusammenbringen“, sagt die Sängerin, „das ist zumindest meine Hoffnung. Ihr könnt mich nicht aufhalten. Diese Lieder werden die Welt verändern“, wird Staples zitiert.

Es sind wundervolle Songs, für die einmal mehr Wilco-Mastermind Jeff Tweedy verantwortlich ist. Alle zehn Songs halten die Spannung hoch. Vor allem das bedrohliche „Little Bit“, das soulige „Build A Bridge“ und das nur von einer akustischen Gitarre begleitete „All Over Again“ ragen heraus. Staples am Gospel geschulte Stimme gehört auch mit 79 Jahren zu den aufregendsten und überzeugendsten. Und so ist „If All I Was Was Black“ ein Ausrufezeichen geworden. Ein Album voller Musik, die die Welt verändern kann.

„If All I Was Was Black“ von Mavis Staples ist am 17.11.2017 bei Anti- / Indigo erschienen (Beitragsbild: Chris Strong).

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