Mit „Egypt Station'“ liefert Paul McCartney nicht weniger als ein Meisterwerk ab
Was für ein Start. Zu Beginn steht man am Bahnsteig, im Gemurmel der anderen Passagiere. Von irgendwo kommt ein Engelschor her, wird lauter und überstrahlt die Situation. Weg vom Hier und Jetzt, raus aus dem Alltag. Hinein in „Egypt Station“, das neue Album von Paul McCartney. Was folgt ist eine Reise durch 16 neue Songs, die die ganze Klasse des 76-Jährigen zeigen. Allen voran das vorab als Appetizer veröffentlichte „I Don’t Know“, eine sentimentale Pianoballade über das Scheitern von Zielen und den Friedenspakt mit der eigenen Unvollkommenheit. Verpackt hat Paul diese Gedanken in eine unwiderstehliche Melodie, die Tränen entlocken und gleichzeitig Trost spenden kann.
Überall lauern Überraschungen und Finessen
In dieser Qualität geht es weiter. „Egypt Street“ ist zwar als Konzeptalbum angelegt. Dennoch lohnt der Blick auf einzelne Songs. Denn die haben es in sich: Zur gezupften Akustischen gesteht Macca seine Liebe („Happy With You“), im schunkeligen „Fuh Ju“ („Fuck“ gehört einfach nicht ins Vokabular eines Geadelten) albert er lausbubenhaft herum, das mit allerlei barocken Finessen versehene „People Want Peace“ predigt das friedliche Miteinander, der popkompositorische Geniestreich „Do It Now“ mahnt angesichts der Kürze dieser Lebensdauer zur Tat, „Hunt You Down“ ist Glam-Riffrock mit Cowbell und Bläsern und mit einem der bemerkenswertesten Album-Outros der jüngeren Geschichte. Bunter könnte diese Mischung nicht sein. Und so klingt „Egypt Station“ wie ein wildes Mixtape aus verschollenen Mastertapes der Beatles. Überall lauern instrumentelle Finessen und Überraschungen. An jeder Ecke entlockt es einem Staunen und Freude. Ständig eine neue Idee, ständig eine andere Wendung. Nie wird es langweilig. Nie routiniert.
Selbst für Paul McCartneys Maßstäbe außergewöhnlich gut
McCartney habe sein „klassisches Songwriting mit modernen Produktionsmethoden“ aufgenommen, sagt der Promo-Zettel. Ist richtig. Viel wichtiger aber ist: Sir Paul hat Songs geschrieben, die selbst für seine Maßstäbe außergewöhnlich gut sind. Songs, die sich prominent einreihen in seinen Kanon aus Ausnahmekunst. „Egypt Station“ tut manchmal weh. So gut ist es.
„Egypt Street“ von Paul McCartney erscheint am 07.09.2018 bei Universal Music (Beitragsbild: Pressefoto).