Kenneth Bonert: Der Löwensucher – Roman

Sensationeller Debütroman des Kanadischen Autors Kenneth Bonert

von Gérard Otremba

Der Löwensucher von Kenneth Bonert ist ein überragender Debütroman. Der 1972 in Südafrika geborene und mit 17 Jahren nach Kanada ausgewanderte Bonert präsentiert sein Familienepos auf fast 800 Seiten, und keine Seite ist zu viel. Die Chronik der jüdisch stämmigen, litauischen Familie Helger erstreckt sich von 1924 bis kurz nach dem zweiten Weltkrieg. Eben in jenem Jahr emigriert Gitelle Helger mit ihren beiden Kindern Isaac und Rively von Litauen nach Südafrika, wo bereits ihr Mann Abel in Doornfontein, einem Vorort von Johannesburg, wohnt. Gitelle Helger ist eine selbstbewusste Frau, die von einem eigenen Haus, in dem auch ihre noch in Litauen verbliebenen Schwestern Platz hätten, träumt, besonders ihrem Sohn Isaac eine hoffnungsvolle Zukunft ermöglichen möchte und dafür gegen alle Widerstände kämpft. Was sich zu Beginn wie eine John Irving-hafte, witzige Farce, angereichert mit jüdischem Humor, liest, verwandelt sich nach und nach in eine große Tragödie. Denn in den Mittelpunkt rückt Isaac Helger, dessen schwieriger Weg in die Erwachsenenwelt von Kenneth Bonert facettenreich und detailliert beschrieben wird.

Isaac Helger gerät ständig zwischen die Fronten und sieht sich als jüdischer Einwanderer mit dem aufkommenden Antisemitismus in Südafrika konfrontiert. Gleichzeitig wächst in ihm eine rassistische Überlegenheit gegenüber der schwarzen Bevölkerung des Landes. Denkmuster, die auch seine aus einer vermögenden Familie stammende Freundin nicht aufbrechen kann und konsequenterweise zu einem Bruch in der Beziehung führen. Isaac Helger ist alles andere als ein sympathischer Protagonist, bei dem Pech und persönliche Fehleinschätzungen Hand in Hand gehen und zu teilweise bitteren Handlungskonsequenzen führen. Die Zusammenarbeit mit dem Geschäftsmann Hugo Bleznik mündet fast in den Bankrott und drängt Isaac zu einer schicksalhaften Entscheidung. Die von seiner Mutter geerbte Kämpfernatur jedoch ermöglicht ihm, sein Ziel, das von seiner Mutter herbeigesehnte eigene Haus, nicht aus den Augen zu verlieren. Trotz der Irrwege, die Isaac Helger dabei einschlägt, man kann einfach nicht von diesem Buch lassen. Kenneth Bonert erzählt die Helger-Geschichte einfühlsam und realistisch-brutal. Es bleibt dem Leser nichts anderes übrig, als sich hineinfallen zu lassen in den Ereignisstrudel um Isaac Helger, so schmerzvoll dieser für den Helden manchmal auch ist. Der Löwensucher von Kenneth Bonert ist einer der besten Romane des Jahres 2015.

Kenneth Bonert: „Der Löwensucher“, Diogenes Verlag, Hardcover, übersetzt von Stefanie Schäfer, 978-3-227-06923-5, 25,90 €.

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