Kendrick Lamar: Mr. Morale & The Big Steppers

Kendrick Lamar credit Renell Medrano

Kendrick Lamar strickt auf „Mr. Morale & The Big Steppers“ aus einer Fülle von Ideen ein einziges Gesellschaftsportrait

Nichts anderes als ein Meisterwerk wird von Kendrick Lamar erwartet. Der bald 35-jährige Kalifornier ist seit mehr als zehn Jahren das Maß aller Dinge im Rap-Game. Und „Mr. Morale & the Big Steppers“ erfüllt diese Erwartungen – aber anders als man denkt. Fast fünf Jahre sind seit dem großartigen Vorgänger „Damn“ vergangen. In der Zwischenzeit: wenig. Lamar machte sich rar. Erst vor wenigen tagen dann die fantastische Video „The Herat Part5“, in dem er sich über ein Marvin Gaye-Sample nacheinander in O.J. Simpson, Kanye West, Kobe Bryant und Will Smith morpht und über Identitätswechsel rappt. Ein Übersong, der allerdings auf dem Album gar nicht zu finden ist und auch auf eine falsche Fährte lockt.

Eine Collage aus Zitaten, Referenzen und Verweisen

Die 18 Tracks auf „Mr. Morale & The Big Steppers“ sind weniger eingängig, weniger konsistent. Das Album klingt wie eine riesige Collage aus unzähligen Zitaten, Referenzen und Verweisen. Und es ist rappelvoll mit brillanten Momenten. Im intimen „Father Time“ berichtet Kendrick Lamar über seine Daddy Issues. Im schmerzvollen „We Cry Together“ werfen sich Lamar und Sparringspartnerin Taylour Paige in einem Trennungsstreit schmerzende Beleidigungen um die Ohren. In „Auntie Diaries“ erzählt Lamar die Geschichte einer Geschlechtsumwandlung. Die Tante ist nun ein Onkel und Lamar nicht mehr derselbe. Er nähert sich den großen Gesellschaftsthemen aus persönlicher Perspektive und legt dabei gewohnt eloquent alle Masken ab.

Kendrick Lamar mischt einen Bombast-Sound

Musikalisch wandert „Mr. Morale & The Big Steppers“ quer durch alle Genres. Einflüsse aus Funk, Jazz, Pop und Rock mischt er zu einem Bombast-Sound, der ständig gebrochen wird, kantig bleibt und enorme Aufmerksamkeit fordert. Nichts ist hier verlässlich, kein Boden fest. Andere machen aus dieser Fülle an Ideen zehn Alben oder mehr. Lamar strickt daraus ein einziges Gesellschaftsportrait. Es braucht mehrere Hördurchgänge, das alles zu verarbeiten. Ich freue mich auf jeden einzelnen.

„Mr. Morale & The Big Steppers“ von Kendrick Lamar erscheint digital am 13.05.2022 bei Universal Music. (Beitragsbild von Renell Medrano)

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