Ferris & Sylvester live in Hamburg 2024

Ferris & Sylvester live Hamburg 2024 Nochtwache by Gérard Otremba Sounds & Books

Einmal mehr mitreißend: Das britische Duo Ferris & Sylvester gastierte auf ihrer ersten Headlinder-Tour durch Deutschland in der Hamburger Nochtwache

Text und Fotos von Gérard Otremba

Sie sind ja keine Unbekannten in Hamburg. Bereits 2018 gehörten Ferris & Sylvester für mich zu den Highlights des damaligen Reeperbahn Festivals (Sounds & Books berichtete), als sie mit ihrem Auftritt im Imperial Theater die Besucher zu Standing Ovations animierten. Zwei Jahre später, ganz kurz vor dem ersten Corona-Lockdown, war das britische Duo als Support von Jade Bird im Molotow zu Gast – auch dieses Ereignis hielten wir mit einer Konzertreview fest. Nach zwei veröffentlichten Alben nun also das erste Headliner-Konzert in Hamburg für Sängerin, Bassistin und Gitarristin Issy Ferris und Sänger und Gitarrist Archie Sylvester. Auf ihrer Tour zum aktuellen, vor drei Wochen erschienenen Album „Otherness“ machten die beiden am 19.03.2024 Halt in der Hamburger Nochtwache, unterstützt von Eduardo Bisogno an den Keyboards sowie Ross Gordon am Schlagzeug.

Sun’s Sons als Support von Ferris & Sylvester

Bevor das Quartett in der zwar nicht ausverkauften, aber gut besuchten Nochtwache, die Bühne betrat, wurde das Publikum durch die Vorgruppe Sun’s Sons in Stimmung gebracht. Das Frankfurter Quintett hat im November das Debütalbum „Odyssee“ herausgebracht und erfreute die Anwesenden mit melodischem, entzückendem und groovigem Indie-Pop. Da sollte man sich die Platte mal genauer anhören. 2018 und 2020 traten Ferris & Sylvester noch ausschließlich als Duo auf, die Hinzunahme von Keyboard und Schlagzeug für du erste Headliner-Tour macht natürlich Sinn, zumal das neue Album „Otherness“ durch zahlreiche Popmomente glänzt, wie ich schon in der Albumreview schrieb. Der Blues-Rock-Kern ihrer Musik bleibt aber natürlich bestehen und den erlebten die Fans gleich zu Konzertanfang in vollen Zügen, eröffneten Ferris & Sylvester, die wir zuletzt auch mit einem Interview im Programm hatten, den Gig adäquat zum Album mit „Dark Side“, „Imposter“ und „Don’t Fall In Love With Me“.

Mal innig, mal ausgelassen

Letzteres eine Blues-Rock-Ballade mit Soul-Pop-Touch. Und kaum waren die beiden Londoner zehn Minuten in ihrem Element, war die von früher bekannte Live-Magie wieder spürbar. Blues-Rock, Folk, Roots-Rock, Soul, Songwriter-Pop (das prächtige „Mother“!) : Die mittlerweile verheirateten Issy Ferris und Archie Sylvester spielten die ganze Klaviatur, mal innig („The End Of The World“, „Flying Visit“) und häufig ausgelassen („Rain“, „This Is How My Voice Sounds“). In einer ihrer Ansprachen erinnerte sich Issy Ferris an den ersten Hamburg-Aufenthalt, als sie die Nacht vor dem Reeperbahn-Festival-Auftritt im Krankenhaus verbrachte und der Arzt sie gar nicht entlassen wollte. Aber sie hat es ja dann noch doch noch geschafft und bescherte uns den erwähnten phantastischen Abend.

Das ultrasympathische Duo Ferris & Sylvester

Und sie erzählte vom unfreiwillig längeren Aufenthalt in den USA, wo der gemeinsame Sohn sechseinhalb Wochen zu früh und auf dem „falschen Kontinent“ geboren wurde. Eine Zeit, die einigen Songs eine neue Bedeutung für Ferris & Sylvester verliehen habe. Man hätte diesem ultrasympathischen Duo gerne drei Stunden beim Musizieren zugehört, langweilig geworden wäre es sicherlich nie. Nach aber gut 80 Minuten ging das Konzert mit dem mitreißenden Country-Rock’n’Roll von „London’s Blues“ zu Ende. Und wieder einmal ließ man sich nur allzu gerne von Ferris & Sylvester begeistern. Ein Duo für die Zukunft.

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