Brittany Howard: What Now

Brittany Howard Credit Bobbi Rich

Eine der wichtigsten Stimmen der aktuellen US-Soul-Musik war für ein paar Pandemie-Jahre verstummt. Kehrt Brittany Howard mit ihrem zweiten Soloalbum zurück in die Erfolgsspur?

von Werner Herpell

Von Curtis Mayfield und Prince bis zu Nina Simone, Etta James und Erykah Badu – einige die größten Namen der schwarzen Musik wurden für Vergleiche bemüht, als Brittany Howard mit ihrer Band Alabama Shakes vor zwölf Jahren die Szene betrat. Das Debüt „Boys & Girls“ und der mit Grammys verzierte Nachfolger „Sound & Color“ (2015) räumten mächtig ab, Howard wurde im Handumdrehen zu einer der wichtigsten US-Soul-Sängerinnen überhaupt. Auch als Solokünstlerin etablierte sich die Frau mit der tollen Blues-Stimme, ihr autobiografisch geprägtes Debüt „Jaime“ (2019) war ein großer Kritiker-Hit.

Mit Schwung zurück auf die Bühne

Brittany Howard What Now Cover Island Universal Music

Dann kam

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Corona – und künstlerisch erstmal nichts mehr. Stattdessen Frust, Sorgen, Schreibblockade, Verunsicherung. Bis jetzt. Denn offenkundig erleichtert tritt diese vielseitig talentierte Musikerin mit viel Schwung zurück auf die große Bühne. Der Albumtitel „What Now“ ist dabei doppeldeutig, kann er doch als verzagt-ratlos (Was denn jetzt bloß nur…?) oder als herausfordernd-wagemutig (Was soll jetzt schon noch passieren?) interpretiert werden.

Brittany Howard dürfte beide Gefühle kennen. Sie sei so sehr absorbiert gewesen als Frontfrau der Alabama Shakes, als Sängerin, als Songschreiberin, als Produzentin – „and then it was gone for a minute. At least, I thought it was gone. Nobody knew what was going to happen…“, erinnert sie sich im Magazin „Uncut“ an den Beginn der Pandemie. Zudem wusste sie wohl nicht so recht, wie sie ihre Solo-Karriere künftig von der Arbeit mit ihrer Band abgrenzen sollte, der sie weiterhin eng verbunden war/ist (Shakes-Bassist Zac Cockrell spielt auch auf „What Now“ wieder mit).

Anleihen beim 70er-Jahre-Soul

Eine neue Beziehung wirkte dann laut ihrem „Uncut“-Interview wie eine kreative Befreiung für Howard – mit „so much chaos and joy and my heart“. Die hier erwähnte Freude hört man in einem Song wie „I Don’t“, das direkt beim 70er-Jahre-Soul und seinen genialen Falsett-Sängern anknüpft, oder später in „Patience“. Andere Lieder spiegeln hingegen das Chaos wider – der Titelsong, „Another Day“ oder „Power To Undo“ sind wuchtige Electro-Soul- und Funkrock-Monster, die ordentlich abgehen, aber leider auch etwas unstrukturiert wirken.

Am besten klingt „What Now“, wenn die 35-Jährige aus Athens/Alabama die Princess in sich entdeckt – mit anderen Worten: auf den Spuren von Prince unterwegs ist. Im besten Sinne unberechenbar experimentell und groovy zugleich, wie der 2016 gestorbene Crossover-Großmeister aus Minneapolis, klingen das erhebende „Red Flags“ und vor allem „Prove It To You“. Der Jazz (den Prince ja auch nicht verschmähte) findet ebenfalls seinen Platz im breit angelegten Brittany-Howard-Sound („To Be Still“, „Samson“, „Every Color In Blue“ – alle drei mit herrlicher Trompete von Rod McGaha).

Brittany Howard gelingt der Neustart

Nachteilig wirken sich die Instrumental- und Voice-Interludes aus, weil sie den Flow des Albums hemmen. Aber insgesamt gelingt mit „What Now“ der Post-Covid-Neustart einer der besten Soul-Musikerinnen unserer Zeit.

„What Now“ von Brittany Howard erscheint am 09.02.2024 bei Island/Universal. (Beitragsbild von Bobbi Rich)

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