Lucinda Williams live in Hamburg 2024

Lucinda Williams live Hamburg 2024 Markthalle by Niko Schmuck Sounds & Books

„Rock N Roll Heart“ in Hamburg: Die Americana-Queen Lucinda Williams spielt mit ihrer Band in der Markthalle ein facettenreiches Konzert

Text von Gérard Otremba, Fotos von Niko Schmuck

Es sind tatsächlich schon wieder fast sieben Jahre vergangen, seit ich Lucinda Williams zuletzt live erlebt habe (das Konzert im Januar 2023 im Hamburger Gruenspan leider verpasst). Viel ist passiert seit dem Auftritt im Sommer 2017 in der Fabrik (Sounds & Books berichtete). Natürlich die leidige Corona-Pandemie für alle und bei Lucinda Williams ein Schlaganfall sowie ein Tornado, der ihr Haus verwüstete. Muss alles nicht sein. Umso schöner, sie am 05.03.2024 beim ersten von vier Deutschland-Konzerten auf der Tour zum aktuellen, auch von uns rezensierten Album „Stories From A Rock N Roll Heart“ in der bestuhlten und voll besetzten Hamburger Markthalle erleben zu dürfen – drei weitere Gigs folgen

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in Berlin, Köln und München.

Die charismatische Lucinda Williams

Die nunmehr 71-jährige Grand Dame des Americana-Genres betritt unter stützender Begleitung  mit ihrer vierköpfigen Band, bestehend aus David Sutton am Bass,  Butch Norton am Schlagzeug sowie den Gitarristen Marc Ford und Doug Pattibone, pünktlich um 21 Uhr die Bühne, um den Abend mit „Let’s Get The Band Back Together“ zu eröffnen. Nachdem die Kollegen von L.A. Edwards im Vorprogramm dem Americana-Folk-Rock samt Tom-Petty-Verweis („Wallflowers“) alle Ehre erwiesen haben, lässt sich Lucinda Williams in der Folge ebenfalls nicht lumpen. Blues, Rock, Country, Heartland- und Roots-Rock sowie Rock’n’Roll, verpackt in kernige wie liebreizende Melodien offeriert die nach wie vor charismatische Musikerin. Durch ihren Schlaganfall körperlich sichtbar eingeschränkt, muss Williams auf das Gitarrenspiel mittlerweile verzichten und verbringt das satte, zwei Stunden dauernde Konzert stehend mit wenigen Bewegungen nach links und rechts vor dem Mikro. Das nötigt jeglichen Respekt ab und stimmlich ist sie voll bei der Sache.

Das Fehlen von Tom Petty und die Klassiker

Zu vielen der 20 gespielten Songs gibt es eine kurze einleitende Story. So hat Lucinda Williams „Stolen Moments“ nach dem Tod von Tom Petty geschrieben (auch mir – und wahrscheinlich einigen anderen Konzertbesuchern auch – fehlt dieser Musiker sehr), für den Text von „Dust“ hat sie sich bei einem Gedicht ihres Vaters bedient und „Blind Pearly Brown“ war ein Delta-Blues-Musiker, den sie als Kind mit ihrem Vater Anfang der 60er-Jahre live erlebt hat. Die 120 kurzweiligen Minuten bieten das ganze Spektrum des Lucinda-Williams-Kosmos. Sehnsüchtig-herzzerreißende Songs wie „Fruits Of My Labor“ und „Lake Charles“ stehen neben geschmetternden Rockern wie „Honey Bee“ und „Rock N Roll Heart“, neues wie „Jukebox“ paart sich mit altem wie „Crescent City“. Und natürlich stehen unwiderstehliche Klassiker wie „Car Wheels On A Gravel Road“, „Out Of Touch“ und „Essence“ auf dem Programm – mithin drei ihrer besten und schönsten Songs überhaupt.

Zu den Zugaben dann die fälligen und verdienten stehenden Ovationen der zu recht begeisterten Fans. Als Lucinda Williams nach dem letzten Song „Joy“ wieder von der Bühne geleitet wird, bleibt sie noch mal stehen, lächelt einige seitlich stehende Besucher an und zeigt ihnen mit der rechten Hand ein „I love you“-Zeichen. Besser könnte man diesen großartigen Abend nicht zusammenfassen.      

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