Stephanie Lottermoser live in Hamburg 2021

Stephanie Lottermoser live Hamburg 2021 Birdland by André Itjes

Die Wahl-Hamburger Saxofonistin Stephanie Lottermoser verzaubert am 13.11.2021 das ausverkaufte Birdland

Die Vorfreude war wieder mal groß: Endlich die formidable Saxofonistin Stephanie Lottermoser in echt (und nicht nur im Livestream) auf der Bühne erleben – und dann auch noch im schön muckeligen Jazzkeller Birdland in der Gärtnerstraße. Oben im Musikgeschäft stehen viele Saxofone im Schaufenster, aber der Laden ist leider schon zu. Einmal ein Saxofon zur Probe spielen, das wär’s gewesen.

Pünktlich sein beschert bekanntlich die besten Plätze. Eine Stunde vor Beginn des Konzerts prangt schon das „AUSVERKAUFT“-Schild oben am Birdland. Also schnell die Treppe runter und einchecken, dann noch gemütlich einen italienischen Rotwein mit der Konzertbegleitung genießen. Jazz ist nicht unbedingt ihr Ding, aber sie wird da so langsam ran geführt. Schon beim Reinhören stellte sie verzückt fest, dass Stephanie Lottermoser ihr Saxofon extrem gut spielt.

Stephanie Lottermoser und ihre Berliner Boys

Pünktlich um 20:30 Uhr betritt Lottermoser mit ihren Berliner Boys die Bühne – eine „bezaubernde“ Band ist das (wie sie selber sagt): Felix Lehrmann am Schlagzeug ist sonst regelmäßig mit Sarah Connor auf Tour, er spielt nicht nur ziemlich versiert, er ist auch extrem gut drauf und grinst gerne. Till Sahm am Piano und an den Keys ist voll dabei, was an seinem Gesicht abzulesen ist. Und last but not least: Der Kappenträger Martin Ziaja zupft den Bass extrem lässig. Die Rhythmus-Gruppe groovt zusammen so richtig drauf los. Aber jeder Einzelne ist für sich auch ein fantastischer Solist.

Lottermoser ist vor etwa drei Jahren nicht etwa wegen der Liebe zu einem Mann nach Hamburg gezogen, der Grund war die vitale Jazz- und Club-Szene der Hansestadt. Und die Stiloffenheit: Neben Jazz liebt sie auch Soul, Pop und Funk. Ihr neues Album heißt tatsächlich „Hamburg“ – eine Liebeserklärung an die Stadt, auch musikalisch.

Candy Dulfer als Vorbild

Es gibt faktisch bei näherer Betrachtung gar nicht so viele bekannte Saxofonistinnen. Die Niederländerin Candy Dulfer war sicherlich eine der ersten, die dieses Instrument auch im Pop-Segment etabliert haben. Die war ein großes Vorbild für Stephanie Lottermoser, deren Ansatz ähnlich ist: Die Musik ist stiloffen und durchaus dem Pop zugeneigt. Die gebürtig aus Süddeutschland stammende Saxofonistin singt zudem ab und an – und stellt ihr Instrument dann zur Seite. Bei der Cover-Version von Nancy Sinatras Klassiker „These Boots Are Made For Walking“ etwa. Und liefert auch da ab. Nachdem bei „Karma“ ein musikalisches Feuerwerk geboten wird, überzeugt Lottermoser bei „What Kind Of Lovesong“ wieder mit smoother Gesangskunst.

Im zweiten Set dann u.a. das Stück „Hype“, von dem es gar einen Gerd Janson Remix gibt. So funktiert der Song auch im Berghain. Im Birdland gibt es die Single natürlich im traditionellen Bandsetup. Lottermoser hat sich da Gedanken zu den „Hypes“ unserer Zeit gemacht und referiert darüber. Reden kann sie sowieso und Ahnung hat sie auch, nicht nur von Jazz. Nachzuhören z.B. in ihrem Podcast „Jazz Moves Schnack“, den sie in der Pandemie mit dem Journalisten und Jazz-Kenner Jan Paersch an den Start gebracht hat.

Stephanie Lottermoser sorgt für verzückte Gesichtszüge im Publikum

Das Publikum im legendären Jazzkeller war mal wieder mittendrin, statt nur dabei. Nicht nur echte Jazz-Connaisseure waren in die Musik vertieft und hatten dabei verzückte Gesichtszüge. Auch Newbies, wie die besagte Konzertbegleitung, konnten den Vibe spüren und die Leistungen der Musiker:innen goutieren. Weltklasse war das! Die überwiegend männlichen Jazz-Größen, die die Wände vom Birdland zieren, würden es sicherlich genau so sehen.

Wer jetzt Geschmack bekommen hat auf Saxofon, dem sei Nubya Garcia aus London, dem derzeitigen Schmelztiegel für jungen Jazz, mit ihrem Konzert am Montag, 22. November 2021 im Mojo Club sehr ans Herz gelegt. Und mit etwas Glück steht Stephanie Lottermoser da auch im Publikum. Sie geht gerne aus und ist musikalisch vielseitig aufgestellt.

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