Musa Dagh: No Future – Albumreview

Musa Dagh by Christoph Eisenmenger

Zweites Album der „Supergroup“ Musa Dagh mit Neunziger-Brachial-Wurzeln

Eineinhalb Jahre nach Erscheinen ihres auch von Sounds & Books besprochenen Debüts erscheint am morgigen Freitag der Nachschlag. Die durch Bands wie Harmful oder Blackmail bekannten 90er-Ikonen Aren Emirze und Aydo Abay vertiefen ihre Zusammenarbeit mit dem zweiten Musa Dagh-Album „No Future“. Der Titel ist dabei kein Anachronismus, sondern eine passendere Analyse der Jetztzeit, als sie es Ende der Siebziger war. Wen wundert’s z.B., dass Jugendliche wieder weit mehr zum Glimmstengel greifen als in den Jahren zuvor – Gesundheitsvorsorge, für was denn? Etwa ein Rentnerdasein auf einem um drei Grad heißeren Planeten voller globaler Verteilungskämpfe um stetig schwindende Ressourcen?

Der neue Drummer

Musa Dagh No Future Cover Hayk Records

Der u.a. mit den

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Beatsteaks über Gebühr ausgelastete Drummer Thomas Götz sah sich nach seiner Mitwirkung am Debüt Musa Daghs sowie an den ersten Schritten am Songwriting des Followers gezwungen, die Segel zu streichen. Sascha Madsen von, klar, Madsen sprang stressfrei ein und komplettierte das Trio – ein wenig Beatsteaks-Beteiligung hört man allerdings auch auf „No Future“: Gitarrist Bernd Kurtzke brüllt bei „Weekend Warrior“ und addiert ein wenig Metal-Hysterie. Schadet nie, passt gut rein. Als Kinder der Neunziger zelebrier(t)en  Emirze sowie Abay schon häufiger Crossover in verschiedensten Ausprägungen; mannigfaltige musikalische Inspiration kann man ebenso „No Future“ attestieren.

Im Vergleich zum Vorgänger macht das Nachfolgewerk jedoch insgesamt weniger Gefangene, prescht noch heftiger nach vorne und verbindet Noiserock mit gefälligeren Indiesounds. Wäre auch schade, wenn ein Ausnahmesänger wie Aydo Abay nicht zeigen dürfte, zu welchen melodischen wie gefühlvollen Meisterleistungen er imstande ist; wie z.B. „0200 Hours“ eindrucksvoll beweist. Oder besagter Titelsong, der Melodie wie Härte vollendet verschmilzt. Das folgende „Algorithms & Alcohol“ setzt da noch einen drauf, Emirze und Madsen eskalieren fett. Ersterer scheint eine ganze Gitarrenarmee dabei zu befehlen.

Musa Dagh wollen es wissen

Gegenüber dem Visions spricht Abay zum wiederholten Mal davon, dass „die Aufnahmen ein einziger Rausch“ waren – und das hört man. Again. Die „orientalischen Einflüsse“, die beim Konzept des Debüts ebenso eine Rolle spielten wie im Solo-Werk Emirzes als Emirsian, sind weniger nachweisbar als noch von Emirze im Gespräch mit dem 0x  2021 vermutet („Vielleicht können wir ja mit der zweiten Platte diese Strömungen noch mehr forcieren“), aber in „VU“ sowie in „Congaah“ durchaus noch vorhanden. Dort wird der ikonische Slogan der Godfathers umgedreht – aus „Birth School Work Death“ wird „Death Work School Birth“. Hoffnung durch Wiedergeburt oder Verharren im ewigen Hamsterrad? Egal. Das über sechsminütige „Me Two“ am Ende komprimiert nochmal alles, was vorher schon groß klang auf dieser Platte. Musa Dagh setzen ein erneutes Ausrufezeichen und wollen es jetzt wissen. Kommen wir nun zur Tour im Mai (Hamburg, 17.5.) und zeigen, dass wir es auch wollen.

„No Future“ von Musa Dagh erscheint am 14.04.2023 bei Hayk Records/Cargo Records. (Beitragsbild von Christoph Eisenmenger)

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