Gregory Alan Isakov live im Berliner Metropol

Gregory Alan Isakov live Berlin 2023 Metropol by Werner Herpell Sounds & Books

Dass Gregory Alan Isakov das Berliner Metropol so gut füllt, ist schon mal eine Überraschung. Aber sind die Erwartungen an seinen feinen Indie-Folk auch live berechtigt?

Text und Fotos von Werner Herpell

Wann kommt endlich sein großer Durchbruch? Diese Frage stellte Sounds & Books, als im August mit „Appaloosa Bones“ ein weiteres sehr schönes Indie-Folkpop-Album des noch dazu extrem sympathisch rüberkommenden „handsome guy“ Gregory Alan Isakov erschien. Wer sich am Abend des 06.12.2023 im gar nicht mal so kleinen und bestens gefüllten Berliner Metropol umschaute, stellte fest: Zumindest ein kleiner Durchbruch ist dem Singer-Songwriter aus Boulder/Colorado bereits geglückt. Wenn all die bereitwillig zum Jubel aufgelegten Fans seine neueste Platte erworben haben, dann muss sich Isakov dieses Jahr um die Weihnachtsgeschenke

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für seine Liebsten keine Sorgen machen.

Ein bunt gemischtes Publikum

Es ist ein auch altersmäßig bunt gemischtes Publikum, das dem vor 44 Jahren in Südafrika geborenen Sänger und Gitarristen zuhört. Neben reiferen „echten“ Plattenkäufern, die extra aus Torgau in Sachsen angereist sind und Mumford & Sons, die Lumineers und Neil Young verehren (eine zu Isakov ganz gut passende Reihung), sind auch viele junge Konzertbesucher im Metropol, die den so gar nicht hippen Musiker über Youtube-Videos oder Instagram entdeckt haben dürften. Gemeinsam ist allen eine fast andächtige Begeisterung, als Isakov mit seiner fünfköpfigen, rein männlichen Band die Bühne des prachtvoll renovierten Clubs am Nollendorfplatz betritt.

Schnell wird deutlich: Dieser Künstler ist einer von der schüchternen, unspektakulären Teamplayer-Sorte. Isakov wagt sich erst einmal nicht an den Bühnenrand vor, und während andere Performer an so einem Nikolaustagsabend vielleicht mit Santa-Claus-Mütze vors Publikum gehüpft wären, versteckt sich dieser Musiker unter der Krempe eines Hutes, die zumeist das Gesicht verschattet. Seine Mitstreiter an Keyboards, (Kontra-)Bass, Schlagzeug und diversen Saiteninstrumenten sind da extrovertierter und nehmen den Chef in ihre Mitte – wo er sich mit Gitarre oder Banjo offenkundig wohler fühlt als im Anheizer-Modus. Dem Charisma seines Gesangs und seiner sanften Balladen oder Midtempo-Lieder, die von perfekten Harmony-Vocals der Backing-Truppe im Stil von Crosby Stills & Nash oder The Eagles zusätzlich ausgepolstert werden, schadet das natürlich nicht.

Gregory Alan Isakov: Starke Live-Dynamik

So entwickelt sich ein Auftritt, in dem der Star des Abends durch den Zuspruch eines überraschend großen Publikums und die Herzlichkeit seiner Bandkumpels immer mehr an Sicherheit gewinnt – was dem Konzert eine hübsche Dynamik von „bisschen langweilig“ über „doch ganz gut“ bis „richtig toll“ verleiht. Viele der 18 Songs aus einer zwanzigjährigen Album-Karriere werden mit Erkennungsbeifall begrüßt. Von „Virginia May“ und „Big Black Car“ (2009) über das aktuellere, live ganz großartige „Liars“ bis zum Titelstück des neuen Albums „Appaloosa Bones“ spielen sich Isakov und sein Quintett durch ein zunehmend intensives Set.

„She Always Takes It Back“ präsentiert der Singer-Songwriter solo im effektvollen Scheinwerferlicht, andere Tracks später in Duetten. Mit den Unplugged-Zugaben, die eine entfesselte Band zu sechst nun doch noch an den Bühnenrand des Metropol führt, geht ein schließlich hervorragendes Konzert nach rund 100 Minuten zu Ende. Isakov, dessen Songs im Vergleich zu stilistisch ähnlichen Americana- und Folk-Musikern wie Justin Vernon (Bon Iver), Damien Jurado oder Sufjan Stevens etwas austauschbar wirken können, ist live voll konkurrenzfähig. Ein stimmungsvoller Abschluss dieses bärenstarken Konzertjahres 2023.

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