Ein durch und durch sympathisch wirkender und klingender Indie-Folk-Musiker – das ist Gregory Alan Isakov zweifellos. Aber wann kommt endlich der große Durchbruch?
von Werner Herpell
Er sieht extrem sympathisch aus, dieser Gregory Alan Isakov. Seine warme Baritonstimme ist sympathisch, sein bescheidenes Folkie-Outfit auch. Sein künstlerisches Selbstverständnis hört sich ebenfalls äußerst sympathisch an – als der Song „Big Black Car“ 2012 in einem McDonald’s-Werbespot verwendet wurde, spendete er das Honorar an eine Non-Profit-Organisation für nachhaltige Landwirtschaft. Und natürlich ist seine hochmelodische Musik, seine zugängliche Klangwelt sympathisch, jetzt auch wieder auf dem neuen Album „Appaloosa Bones“.
Das Alleinstellungsmerkmal fehlt
Also wo liegt das Problem, warum ist Gregory Alan Isakov immer noch kein
___STEADY_PAYWALL___
großer Star des (Indie-)Folk? Vielleicht liegt es daran, dass die Songs des in Südafrika geborenen, in Philadelphia aufgewachsenen Musikers immer etwas austauschbar erscheinen. Ein wirklich klar umrissenes Profil, ein Alleinstellungsmerkmal – wie etwa bei den ähnlich hoch veranlagten Kollegen Justin Vernon (Bon Iver) oder Sufjan Stevens – fehlt diesem Singer-Songwriter. Das ändert sich auch auf „Appaloosa Bones“ kaum – einer Platte, die gemütlich vor sich hin pluckert (viel Banjo, etwa in „Before The Sun“) oder walzert (in „One Day“) oder country-gospelt (im Closer „Feed Your Horses“) oder seufzt (in vielen traurigen Balladen).
Wie zuletzt der Brite Roo Panes in seinem auch bei S&B sehr positiv besprochenen Album „The Summer Isles“ betreibt Isakov eine Art musikalische Klangmalerei, die zur Ästhetik seiner zarten, verträumten Cover-Artworks perfekt passt. Es lohnt sich kaum, ein Lied besonders hervorzuheben – alles fließt wunderbar harmonisch und friedvoll in langsamer Gangart oder im Midtempo zu einem angenehmen Hörerlebnis zusammen. Das Fehlen von Ecken und Kanten in dieser Musik stört also nicht (auch wenn man Isakov gern mal wütend oder wirklich aufgewühlt erleben würde, aber das entspricht wohl einfach nicht seinem Naturell).
Gregory Alan Isakov verbiegt sich nicht für den Erfolg
Mit dem Vorgänger-Album „Evening Machines“ (2018) wurde der jetzt 42-Jährige für einen Folk-Grammy nominiert, seine Lieder laufen in Filmen, Serien und Werbespots, er sammelt ordentlich Streams ein. Stück für Stück robbt sich dieser (nochmals!) extrem sympathische Indie-Künstler an den Erfolg heran, und er tut es auf seine Weise – ohne sich zu verbiegen. Auch „Appaloosa Bones“ kommt ohne große Promi-Hilfe aus, die knapp 40-minütige Platte wurde von dem Singer-Songwriter selbst und Andrew Berlin (Descendents, Rise Against) produziert und in Isakovs Studio außerhalb von Boulder /Colorado aufgenommen.
„Ich wollte eigentlich eine folkige, kleine Lo-Fi/Rock’n’Roll-Platte machen“, sagt Isakov. Es wurde etwas Anderes: „Was ich fand, war eine Sammlung von Songs, die mich in die Zeit zurückversetzten, als ich mit der Band anfing – ich reiste viel mit dem Van und spielte im Südwesten und Westen. Diese weiten, offenen Landschaften besaßen diese Ruhe und expansive Tiefe, die mich erdeten und viele der Kuriositäten hervorriefen, zu denen ich mich hingezogen fühlte, als ich anfing, Songs zu schreiben.“ Mit „Appaloosa Bones“ hat Gregory Alan Isakov diese cineastischen Bilder ein weiteres Mal in prächtigen, atmosphärischen Folkpop umgesetzt – und daran ist ja nun wirklich nichts Schlechtes.
Das Album „Appaloosa Bones“ von Gregory Alan Isakov erscheint am 18.08.2023 bei Dualtone-MNRK/Proper/Bertus. (Beitragsbiild von Glenn Ross)