Ben Fox Smith: Drink The Tears Of Sleeping Birds

Ben Fox Smith Drink The Tears Of Sleeping Birds Cover

Zwischen knisternden Fuzz-Gitarren findet Ben Fox Smith jederzeit zu intimen Momenten zurück

Ein Surren und Flirren. Der Hörer schließt die Augen und wähnt sich auf dem Amazonas, treibend inmitten einer Insektenwolke. „Kayak“ heißt der treffend betitelte Opener von Ben Fox Smiths neuer Platte „Drink The Tears Of Sleeping Birds”. Mehr Klangkonstrukt als Song. Die Klangfarben verändern sich, „Who’d Love A Monster Like You“ läuft an. Die Drummachine tupft jetzt sachte einen Beat, zweistimmiger Gesang, ganz viel Tiefe und Dunkelheit. Die Augen schließen sich wieder, eine insgesamt 14 Songs dauernde Reise beginnt.

Wie ein Wimmelbild in einem Kinderbuch

Ben Fox Smith Drink The Tears Of Sleeping Birds Cover

Vor über 20 Jahren hat der Brite Ben Fox Smith seine Karriere gestartet. Stony Sleep und Serafin hießen die Bands, die zu Beginn des neuen Jahrtausends mit einem interessanten (oft dissonanten) Sound überzeugt haben. Vom schrägen Gitarrenrock und -rotz ist 20 Jahre später nur das Fundament geblieben. Der Brite produziert seine Platten heute im heimischen Musikkammer selbst und mischt seinem Sound einen ordentlichen Schuss Elektronik bei. Es piepst, fiept, brummt, britzelt und klingelt überall. „Drink The Tears Of Sleeping Birds” ist wie das Wimmelbild in einem Kinderbuch. Tausende Fragmente und Details fügen sich zu einem vielschichtigen Ganzen. Einzelne Songs hervorzuheben ist schwierig, zu homogen und konzeptuell fühlt sich die Platte an.

Ben Fox Smith erinnert an Pink Floyd und Radiohead

Ich versuch‘s dennoch: „Human Rights“, mein persönlicher Favorit, überzeugt mit einem stampfenden Refrain, der von Akkord zu Akkord mäandert, immer auf der Suche nach der nächsten Überraschung, dem nächsten Höhepunkt. Es sind oft Kleinigkeiten, die ich erst beim dritten Hören entdeckt habe, die diese Platte größer werden lassen. Wie etwa der Bass bei „Human Rights“, der ganz heimlich von der 1 in den Offbeat wandert. Hervorzuheben ist sicherlich auch „Orbital“, bei dem auch mal Harmonien durchscheinen, die an Pink Floyd und Radiohead erinnern oder „Other Place“, das einen tollen Groove, Refrain und Mitsing-Potenzial hat.

Märchenhaft und weihnachtlich

Die lauteren Songs sind oft durch brummende und knisternde Fuzz-Gitarren angetrieben, doch findet Ben Fox Smith jederzeit geschickt zu den intimen Momenten zurück. So wie bei „Points For Strange Behaviour“, das mit seinen klaren Glöckchen fast märchenhaft und weihnachtlich anmutet. In eine ähnliche Richtung steuert „Hangs A Vulture“, dessen Refrain – der leider nur einmal vorkommt – den Hörer beim Sternenhimmel-Betrachten wie eine samtene Decke wärmt.

Fazit: Ich empfehle, diese Platte unterm Kopfhörer zu genießen oder auf eine lange Autofahrt mitzunehmen. Als Hintergrundmusik ist „Drink The Tears Of Sleeping Birds” sicher nicht geeignet. Dafür hat Ben Fox Smith noch immer zu viele harte Dissonanzen und bewusste Verstimmungen untergebracht.

„Drink The Tears Of Sleeping Birds” von Ben Fox Smith erscheint am 27.10.2022 und z.B. über Bandcamp erhältlich. (Beitragsbild: Albumcover)

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