Auf ihrem zweiten Album „I Don’t Know“ verlässt die britische Shoegaze-Band bdrmm tanzend ihr Schlafgemach
von Michael Thieme
Mit Ihrem „ersklassigem Shoegaze-Album“ (Nicorola), „Bedroom“, entstanden in entschleunigten Früh-Pandemie-Zeiten, beeindruckte das Quartett aus Hull bereits über diesen Fan hinaus Menschen bei Clash, The Guardian oder NME. Selbst in die UK-Charts blickte man mehrmals kurz rein. Musik zur Zeit, quasi. Nichts passte besser zu Lockdowns oder Isolation als Musik, die man gedankenverloren verstärkt vor sich hinzupft, während man auf die Schuhspitzen starrt. Doch was passiert hier, beim Opener „Alps“ des Zweitlings „I Don’t Know“? Ein treibender Beat, House-Synthies, Bewegungsbefehl. Dann die mit viel Hall versehene Stimme, standesgemäß ätherisch und keinem
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Geschlecht eindeutig zuzuordnen.
Das Genre hat Besuch
Ja, wir sind noch im Genre, aber es hat Besuch. Neo-Krautrock, Ambient, eruptives Saitengemetzel – der ME bescheinigt dem Album treffend, „mitunter sogar zu abwechslungsreich“ zu sein, um dem Genre noch zu entsprechen. Puristen mag das eventuell abschrecken – auf Mogwai, die schottische Post-Rock-Institution mit eigenem Plattenlabel, trifft das nicht zu, weswegen „I Don’t Know“ nun bei deren Firma erscheint. Hatte „Bedroom“ noch etwas von frühen Esben And The Witch in den spärlichen wilderen Momenten, so gemahnt „I Don’t Know“ in Versatzstücken an so viele Mitbewerber, dass man nicht umhin kommt, Ihnen eine eigene Schublade im Plattenladen des Vertrauens zuzugestehen.
bdrmm und das große Besteck
Die pralle Hymne „A Final Movement“ am Schluss, mit acht Minuten und ebenso vielen Sekunden Länge das ausufernste Stück der Veröffentlichung, bringt dann das ganz große symphonische Besteck mit und lässt uns nicht nur auf die Schuhe blicken, sondern staunend den Horizont betrachten. Eine aufregend schöne wie begeisternde Platte, die hoffentlich von vielen gehört wird. Auf kurzer Deutschland-Tour im Oktober, dabei wird Hamburg am 23.10. besucht.
„I Don’t Know“ bdrmm erscheint am 30.06.2023 bei Rock Action / PIAS. (Beitragsbild: Katherine Mackenzie)