Death Cab For Cutie und The Head And The Heart live in Hamburg 2011

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Neo-Folk-Rock und Gitarren-Pop-Rock live im Docks

von Gérard Otremba

So langsam erspielt sich die amerikanische Folk-Pop-Formation The Head And The Heart eine kleine, aber feine Fangemeinde in Deutschland. Bereits im März waren sie als Support von The Low Anthem in diesen Gefilden unterwegs und begeisterten dort das Publikum im mittleren Alter. Nun ist die Zielgruppe von Death Cab For Cutie eine durchaus jüngere als die von The Low Anthem. Trotzdem gibt es beim Auftritt im ausverkauften Docks nicht nur wohlwollenden Applaus, sondern spürbar einige Gäste, denen die Musik von The Head And The Heart nicht gänzlich unbekannt zu sein scheint.

The Head And The Heart zwischen Melancholie und Euphorie

Und irgendwie muss man die Band ob ihrer Knuffigkeit sofort in sein musikalisches Herz schließen. Mit „Cats And Dogs“ geht es los, ein munterer Aufgalopp mit Jonathan Russell an den Leadvocals und akustischer Gitarre, unterstützt von Josiah Johnson und Charity Rose Thelen an den Backing- und Harmonievocals, Chris Zasche am Bass, Tyler Williams am Schlagzeug und Kenny Hensley am Keyboard. Schöne Uuuhhh- und beatleske Lalala-Chöre runden den Song ab. Nach dem fast nahtlosen Übergang zu „Coeur d’Alene“ übernimmt Josiah Johnson die Leadvocals und bringt zusammen mit dem Violinenspiel von Charity Rose Thelen ganz viel Melancholie ins Docks. Doch so schwermütig Vocals und Violine auch klingen, die Band baut gleichzeitig mächtig viel Schwung auf und lädt zum Tanzen ein. Die Euphorie obsiegt dann letztendlich doch.

Ausgelassener Folk-Rock der Kategorie Ryan Adams

Das anschließende „Ghosts“ entpuppt sich als ein Ausbund an Ausgelassenheit, ein großartiger Folk-Rock-Shuffle, Charity, Jonathan und Josiah tanzen sich über die Bühne und stecken das Publikum in ihrer fast kindlichen Spielfreude an. Die Ballade „Heaven Goes Easy On Me“ setzt dann wieder verstärkt auf die Harmonievocals und „Lost In My Mind“ wäre in einer besseren Musikwelt schon längst überall eine Nr.1-Hitsingle. Der beste Song, den Ryan Adams nicht geschrieben hat. Ganz zart, leise und filigran wird es bei „Winter“, bevor die Band für „Sounds Like Hallelujah“ Fahrt aufnimmt und Melancholie und Euphorie wieder zusammenführt. „Down In The Valley“ gehört nochmal in die Kategorie „Best-of Ryan Adams“, ohne dessen direkter Einwirkung. Ein ganz famoser Song. „Rivers And Roads“ bildet den klagenden und furiosen Abgang einer Vorgruppe, die demnächst keine mehr sein wird.

Death Cab For Cutie schwelgen zwischen sphärischen Hymnen und Gitarren-Pop

Death Cab For Cutie, dem deutschen Twenty-Something-Publikum durch den Soundtrack zur Fernsehserie O.C., California bekannt geworden, richtet sich an einem wesentlich gitarrenlastigeren Indierock aus. Die Indie-Band aus Seattle baut auf die breite Palette, die sowohl die schwelgerische und sphärische Hymne („The New Year“) als auch den Schrammel-Rock („We Laugh Indoors“) und den Gitarren-Pop („Crooked Teeth“) vereint. So gewinnt man Fans aus dem Placebo-, dem Smiths- und dem Teenage Fanclub-Lager. Und sie lassen sich nicht lumpen, die Herren Ben Gibbard, Chris Walla, Nick Harmer und Jason McGerr. Es entwickelt sich eine bunte Mischung aus ihrer gesamten Schaffensperiode, die nun auch schon wieder fast 15 Jahre andauert. Und erst nach gut zwei Stunden Spielzeit und 24 Songs geht das Konzert mit der verträumten und wunderschönen Hymne „Transatlanticism“ würdig zu Ende. Großer Pop.

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