Verifiziert live in Frankfurt 2023

Verifiziert live Frankfurt 2023 Brotfabrik by Michael Thieme Sounds & Books

Die Wiener Musikerin Verifiziert hat viel Spaß auf ihrer Tour und verzaubert die Fans am 07.11.2023 in der Frankfurter Brotfabrik

Text und Fotos von Michael Thieme

„Ja, das hättest du nicht gedacht jetzt
Veri sold out im Flex jetzt, alle wolltеn All Access“

Fast wie im Titelsong „adhs“ ihres gleichnamigen Debüts beschrieben verhielt es sich in Frankfurt: Der ursprünglich anvisierte Ponyhof ist für die Wienerin zu klein, ausgewichen wurde in die Brotfabrik im Stadtteil Hausen. Weit weniger urban als die kleinere Location im sogenannten Szeneviertel Sachsenhausen aka Alt-Sachs, aber auch weniger prollig und weitaus gechillter. Und man kommt besser mit dem Auto hin.

Ob das wichtig ist? Für Veri, wie Verifiziert in der Regel gerufen wird, vielleicht schon – bezeugt sie doch in ihren Lyrics ein besonderes Interesse an Fahrzeugen oder besser, an der Bewegung über „Nasse Straßen“ zum Beispiel im

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„Suzuki Swift“, oft mit „Super Plus, ohne Ziel“ („Halber Tank“). Rastloses Cruisen als Selbstzweck, oft verbunden mit Beziehungsstress. Gehört das zur Diagnose bei ADHS? Die innere Unruhe sicherlich. Die Art und Weise, wie Veri diese künstlerisch verarbeitet, ist dabei ungemein faszinierend – kontrastiert sie die beschriebene Rastlosigkeit doch musikalisch mit einer enormen, abgehangenen Lässigkeit. Schon „40100“, die EP von 2021 mit seinen Alltags- bzw Allnachtsbeschreibungen, war ein kleiner Knaller – wer allerdings „adhs“ nicht schockverliebt übersteht hat kein Herz oder war nie jung.

Anreisen für Verifiziert

Nun ist Verifiziert auf ihrer ersten Tour und damit auch zum ersten Mal in Frankfurt. Die Brotfabrik ist etwa zu zwei Dritteln gefüllt, aber nicht alle Anwesenden sind Frankfurter. Auf die Frage ihres MCs Florida Juicy, wie viele Menschen denn nach Frankfurt angereist kamen, meldet sich fast die Hälfte der Angesprochenen. Die Anschlussfrage nach Reisen mit mehr als zwei Stunden Fahrzeit bejahen immerhin auch noch 5-8 Gäste. Veri reagiert darauf gerührt. „Früher hat niemand meine Musik Ernst genommen“, entgegnet sie sinngemäß. „Jetzt reist Ihr für mich an.“

Bevor allerdings der Star des Abends unter „Veri! Veri“-Rufen um 20.45 die Bühne betrat, absolvierte Moritz seinen grundsympathischen Auftritt mit E-Gitarre, Mikrofon und Beatbox. Unkundige, die den Künstler vorher mal googeln wollten, mussten sich durch eine Menge Fotos von hoch toupierten Hair Metal-Musikanten clicken, bevor sie auf seiner Insta-Seite landeten, was zumindest den Rezensenten hier etwas irritierte. Aber nochmal Glück gehabt.

Alleinsein mit Moritz

Die Crowd hätte das größtenteils nicht nötig gehabt – seine Songs, die er zum Teil mit unsichtbaren wie stummen Featuregästen vortrug, waren den Meisten bekannt. Beim Part von Longus Mongus bei „Issues“ sprang das Publikum ein, den Rest machte Moritz, wie überhaupt alles sonst auch, alleine. „Ihr erwartet beim nächsten Song etwas hoch Emotionales“ erklärte er seine partnerlose Arbeitsweise, „aber es ist ein Partysong. Ich bin gern alleine.“ Nicht an diesem Abend. Frankfurt sendete soviel Liebe und Respekt, dass Moritz um einen Besuch zur anschließenden Headlinertour bat.  Zum Beispiel nach Köln. „Sind ja nur 2,5 Stunden Fahrt“. Hamburg kommt bereits am 9.11. in den Genuss (Uebel & Gefährlich, Turmzimmer).

Verifiziert zu viert

Eingerahmt in zwei Versionen ihres Album-Openers „Suzuki Swift“, servierte Verifiziert nach 30 Minuten Moritz und einer kurzen Umbaupause 70 Minuten lang einen Crowdpleaser nach dem anderen, kramte dabei so tief es ging in ihre musikalische Historie und offenbarte Details zum Song „Nicht angeschnallt“, die sie Journalisten in Interviews vorher noch nie verraten hat. Ich petze hier jetzt nicht, das werden andere tun. Deutlich wurde allerdings, dass Veri, die laut Picky Magazin niemals live spielen wollte, sich unter diesen Menschen hier wohl genug fühlte, ihre Geschichte zu teilen.

Verifiziert und die Wall Of Death

Mit ihrem Kollegen Florida Juicy, einem Tourmanager sowie einer Lichtbeauftragten absolviert Veri diese Tour als Quartett und hat dabei, wie sie betonte, „sehr viel Spaß“. Vom „Uralt“-Stück, dessen Stimmlage nicht mehr passt und welches deswegen von den „Day Ones“ mitgetragen wurde, bis zu brandneuen Tracks, die zum Teil noch keinen Namen tragen, reichte der Darbietungsspielraum; wobei bei „Crash“ zum Beispiel auch mal von den Turntables zur Gitarre gewechselt oder „Suzuki Swift“ zum Ende in einer brettharten Version kredenzt wurde, die sogar eine kleine Wall Of Death evozierte. Gute Songs funktionieren eben auf vielfältige Weise. Um kurz vor 22 Uhr war Sense, Veri versprach noch einen Plausch am Merchtisch und empfing dabei Blumen wie Geschenke. Leichten Fußes und beseelt verließ ich den Konzertsaal. Es war mega schön.

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