Songwriter Matthias Schwettmann im Interview

Would credit Thomas Dufflé

Mit seiner Band Palila schlägt er lautere Töne an, mit seinem Solo-Projekt Would die etwas leiseren. Der Hamburger Songwriter Matthias Schwettmann veröffentlicht Ende des Monats das Would-Debütalbum und unterhielt sich darüber im Vorfeld mit Sounds & Books.

Als Sänger und Gitarrist der Indie-Rock-Band Palila sollte Matthias Schwettmann in der Zwischenzeit schon einigen bekannt sein, 2023 erschien das zweite Bandalbum „Mind My Mind“. Seit geraumer Zeit ist der 1984 in Rinteln geborene Songwriter, der im Hauptjob an einer Stadtteilschule in Hamburg-Schnelsen als Lehrer arbeitet, mit seinem Solo-Projekt Would am Start. Wir hatten Matthias Schwettmann in dieser Rolle bereits letztes Jahr im Vorprogramm von Slow Leaves vorgestellt, am 23.02.2024 erscheint nun bei DevilDuck Records das Would-Debüt „Be Okay To Not Be Okay“. Zu diesem Anlass traf sich Sounds & Books mit dem 2012 nach Hamburg gezogenen Musiker zu einem Gespräch.

Interview von Gérard Otremba  

Matthias, Du hast 2019 die Indie-Rock-Band Palila gegründet. Und vier Jahre später bereits das Solo-Projekt Would. War es Dir mit Palila zu langweilig?

Matthias Schwettmann: Zu langweilig nicht. Aber ich hatte bloß keine Lust, immer zu warten. Das im Mai letzten Jahres veröffentlichte

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Palila-Album „Mind My Mind“ hatten wir schon im November 2022 fertig, ich hatte aber noch viele andere Songs, die ich aufnehmen wollte. Keine Abstellware, sondern letztendlich ruhigere Sachen, die nicht unbedingt zu Palila gepasst hätten. Wir haben innerhalb der Band besprochen, was wir mit all den ruhigeren Songs machen und hielten ein Nebenprojekt für die beste Option. Auch das Label unterstützte mich dabei.

Das heißt, es lief parallel, Palila und Would?

Matthias: Genau, bzw. jetzt erst läuft es parallel. Der Gedanke entstand während bzw. nach den Sessions zu „Mind My Mind“. Wir sind zu dritt bei Palila und nehmen Rücksicht aufeinander. Und wenn da mal nicht so viel Zeit ist, kann ich bestimmte Phasen im Jahr bestens nutzen, um bestimmte Lieder hier zu Hause für Would auszuschmücken.

Das Would-Debütalbum von Matthias Schwettmann

Wie kam es zum Projektnamen Would?

Matthias: Im Nachhinein habe ich gemerkt, dass es gar nicht so clever war, weil es kaum zu googeln ist. Aber das sollte auch nicht der Maßstab sein. Ich dachte, dieses „would“- ich würde -, das passte so gut. Ich habe nach Klang gesucht. Bands mit „wood“ im Sinne von Holz gibt es schon, Bands mit would als Verb habe ich zwar auch gefunden, aber inaktive und nicht groß bekannte. Ich fand es interessant, weil man sich so vieles darunter vorstellen kann, would bietet viel Interpretationsspielraum. Was würde man alles machen?

Am 23.02. erscheint das Would-Debütalbum „Be Okay To Not Be Okay“. Bist Du nervöser vor der Veröffentlichung bei diesem Solo-Projekt als vor dem letzten Bandalbum?

Matthias: Es ist schon etwas anders. Nervös nicht, vielleicht etwas mulmig. Mit der Band hat man eine gewisse Rückversicherung, jetzt habe ich alle Entscheidungen allein getroffen. Aber es hat Spaß gemacht. Ich finde den Winter immer schwierig und bin froh, wenn ich was zu tun habe. Insofern kam das alles zum richtigen Zeitpunkt.

Die Would-Mitstreiter

Beim ersten Vorabtrack „Music Clips“ hätte man meinen können, das Album ginge in eine eher spartanische Folkrichtung. Aber die meisten Songs sind als Full-Band aufgenommen. Wer hat noch auf dem Album mitgespielt?

Matthias: „Music Clips“ war ursprünglich von Palila, die Lyrics stammen von Christoph Kirchner (Bassist bei Palila, die Red.), wir haben das Lied dann aber nicht weiterverfolgt, obwohl wir den Song mochten. Mein Bruder Robert macht mit, mit dem ich vor langer Zeit in einer Schülerband gespielt habe und mit dem ich inzwischen das Elektro-Projekt Rotze betreibe. Er hat bei „Cracks” Synthies und Beats beigetragen und bei „Smile” gibt es eine alternative Elektro-Version, die wir gemeinsam geschrieben haben. Da sie jedoch nicht so recht zum Rest des Albums passte, habe ich sie umgeändert und so ist der Album-Opener entstanden. Die alternative Version wird zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.

Ich habe bei den Albumaufnahmen Bass, Gitarre, Ukulele, Percussions und bei zwei Stücken auch Schlagzeug gespielt. Für die anderen Lieder brauchte ich dann aber versiertere Drummer. Dennis Reher, mit dem ich ein paar Jahre zusammen bei Hell And High Water zusammengearbeitet habe und Benjamin Kövener (u.a. Entropy, die Red.) haben diese Parts übernommen. Und das Piano bei „Work Alone“ hat Christian Bünte gespielt.

Matthias Schwettmann und die Folkmusik

Stand für Dich eigentlich eine reine Folk-Platte überhaupt zur Debatte?

Matthias: Doch, auf jeden Fall. Wir haben bei Palila den Song „Minnesota Winter“ von „Mind My Mind“, bei dem ich dachte, der sollte eher folklastiger und nicht so brachial aufgenommen werden. Da gab es in der Folge aber innerhalb der Band Widerstand gegen eine prinzipielle Folkausrichtung, so dass mir klar wurde, dass ich diese Sachen nicht mit Palila verwirklichen könnte. Das zweite Would-Album wird bereits deutlich folkiger ausfallen.

Nach welchen Kriterien hast Du die Songs für Would ausgesucht?

Matthias: Es ist ganz unterschiedlich. Einen Song, „Reply“, hatte ich schon in der Anfangsphase von Palila geschrieben, aber dann kamen ständig neue Songs und er geriet etwas in Vergessenheit. Wie andere, die ich wieder herausgeholt habe. „Remember“ zum Beispiel ist ganz klar für Would geschrieben.

Behandelst Du in deinen Would-Texten andere Themen als bei Palila?

Matthias: Nein. Es sind immer irgendwelche Dinge, die einen beschäftigen. Thematisch ist das alles nicht festgelegt. Die Herangehensweise, wie ich Texte schreibe ist bei beiden gleich. Nach wie vor ist das Innenleben wichtig, was einen bedrückt und besorgt. Bei manchen Songs wird es vielleicht etwas abstrakter mit kryptischen Lyrics, wie bei „Now & Then“ und „Work Alone“.

Album-Lieblingssongs

Gibt es auf dem Album bestimmte Songs, die Dir ganz besonders wichtig sind?

Matthias: Ja, „Start Another War“ und „Remember“ auf jeden Fall. Ich habe „Start Another War“ geschrieben, als Trump gerade gewählt worden ist. Also eigentlich ein älterer Song, der jetzt wieder aktuell ist. Und genau darum geht es bei diesem Lied, dass die Menschheit es immer wieder versucht, den Karren vor die Wand zu fahren. Wieder wird irgendwo ein Krieg gestartet und es ist deprimierend, dass die Menschheit aus der sich ständig wiederholenden Geschichte nichts lernt. Bei „Remember“ geht es um die Rückbesinnung auf die Dinge, die einem Lebensmut geben. Dass man sich in schlechten Zeiten an sie erinnern soll.

Was fällt Dir einfacher, Texte zu schreiben oder die Musik dazu?

Matthias: Ganz klar die Musik. Deshalb bin ich auch sehr dankbar für Christophs Output. Er hat ein Händchen für gute Texte. Bei Palila wird er gerade zum Haupttexter und ich bin froh, wenn ich Arbeit abgeben kann.

Matthias Schwettmann während der Pandemie

Du hast Palila 2019 gegründet und dann kam 2020 gleich auch die Corona-Pandemie mit den Lockdowns. Wie hast Du die Zeit erlebt?

Matthias: Schlimm wie alle anderen. Es begann ja eigentlich ganz gut mit Palila. Wir hatten Lust auf unsere Musik, es rollte richtig und für Mai war schon eine Tour gebucht. Die Pandemie mit der Tour-Absage war natürlich deprimierend, denn mit unseren alten Bands hatte es ja auch schon nicht geklappt – wenn auch aus anderen Gründen. Und jetzt also sowas. Es passte aber auch irgendwie zur Slacker-Attitüde und hat uns zum Glück nicht das Genick gebrochen.

Mit Palila machst Du eher Indie-Alternative-Rock in Richtung Built To Spilt oder Dinosaur Jr und Placebo, mit Would eher Richtung Songwriter wie Neil Young und Elliott Smith. Sind das auch Bands/Künstler und Stile, die Du privat bevorzugt hörst?

Matthias: Ja, das sind schon so meine Favoriten. Vielleicht nicht unbedingt Placebo, aber Neil Young, Elliott Smith, Wilco und Motorpsycho oder Dinosaur Jr auf jeden Fall. Es ist auch gut, dass ich jetzt zwei Projekte habe, weil ich mich in beide Richtungen entfalten kann.

Would als langfristiges Projekt

Das heißt auch, dass Would nicht als einmalige Sache gedacht ist, sondern Du dich diesem Projekt zukünftig regelmäßig widmen wirst.

Matthias: Genau. Wir haben für uns gesagt, dass Palila Vorrang hat, und das bekommen wir, denke ich, auch ganz gut hin. Wir konzentrieren uns aktuell auf neues Material für Palila. Das zweite Would-Album ist bereits aufgenommen und nach der Youngbloods-Tour werde ich mich im Mixing üben. Vielleicht kommt das zukünftig auch Palila zugute. Die Songs werden jedenfalls immer geschrieben und dann schaue ich, welche ich für welches Projekt verwenden kann.

Gab es für Dich eine Initialzündung in Deiner Vergangenheit, die Dich zur Musik gebracht hat?

Matthias: Nicht unbedingt als Musiker, aber als Musikhörer- und Fan. Ich bin in der Schulzeit, muss so 1998 in der 8. Klasse gewesen sein, von einem Kumpel gefragt worden, ob ich als Gitarrist in seine zu gründende Band einsteigen wolle. Und er hatte einen älteren Bruder, der eine Stoner-Rock-Band hatte. Wir sind dann in deren Proberaum, das war auf dem Land, die hatten einen schönen großen Kellerraum unter einem Gemeindehaus, und es war für mich eine Offenbarung, denen zuhören zu können, wie die da auf ihre Instrumente eingedroschen haben, das war cool. Ihr Gitarrist hatte angeboten, mir Gitarre beizubringen. Glücklicherweise hat er mir gleichzeitig die tollsten Bands gezeigt, wie bspw. Motorpsycho, Big Star, Replacements und Wilco, die sie damals auch gerade für sich entdeckt hatten. Es war eine neue Welt für mich.

Vielen Dank für das Gespräch. 

(Beitragsbild: Matthias Schwettmann, aka Would, von Thomas Dufflé)   

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