MOA, Fullax & Ma Fleur: Stadt Land Flucht

MOA Pressefoto

Fluchtgedanken während des Lockdowns

Die Idee zu „Stadt Land Flucht“ entstand während eines Studio-Aufenthalts in Berlin als MOA realisierte, dass ihn die große Stadt herunterziehe und es für den Sänger nur einen Ausweg gebe: Die Flucht. Gemeinsam mit dem Indie-Duo Fullax und dem Künstler Ma Fleur bildete sich ein Kollektiv aus Kasseler Musikern, das dem Gedanken einen konkreteren Rahmen verleihen konnte und letztlich einen Song mit Ohrwurm-Charakter hinterlässt. Das Lied vereint die Talente der einzelnen Künstler und transportiert die Sehnsucht nach Freiheit an Hörer:innen. Trotz der begrenzten Möglichkeiten, der sich die gesamte Gesellschaft aktuell gegenübersieht, könne man diese erreichen. Doch was führt zu diesem Wunsch der Flucht?

Nach vier Jahren gegenseitiger Unterstützung nun der gemeinsame Song

Nachdem Lucas Mohr (MOA) aus der Hauptstadt nach Kassel zurückkam und das Grundgerüst für „Stadt Land Flucht“ im Gepäck hatte, leitete er das Demo-Tape an die befreundeten Musiker Fullax und Ma Fleur weiter. Die Idee eines gemeinsamen Projektes kam Fullax zufolge bereits vergangenen Sommer auf: „Wir haben unsere Vorlieben fürs Camping entdeckt und waren letztes Jahr gemeinsam – als es dann mal ging – einen kleinen Urlaub machen, sodass spätestens danach die Überlegung da war, gemeinsam einen Song zu machen.“ Während die vergangenen Monate von Home-Office geprägt waren, haben sich auch die Musiker untereinander über Zoom getroffen, an einzelnen Sequenzen gearbeitet und letztlich „Stadt Land Fluss“ kollaborativ produziert. Der virtuelle Kontakt zu MOA und Ma Fleur außerhalb des eigenen Studios war für Fullax ein dankbarer Aspekt des Entstehungsprozesses, da sich der Lockdown im Winter so angenehmer gestalten ließ, wie sie im Interview mit Sounds & Books preisgeben.

Die laute Stadt: Dominiert von Platzmangel

Julian Giese, Sänger von Fullax, weist im Gespräch auf die durch die Pandemie besonders offensichtlich gewordene Entwicklung hin: „Die Stadt, die ja eigentlich für Freiheit und Vielfalt steht, ist gerade in Corona-Zeiten das Gegenteil“. Indem das gelungene Zusammenspiel aus Schlagzeug und sanft angeschlagenen Gitarren-Saiten das Lied einleitet und die düstere Stimmung wiedergibt, fügt MOA mit seiner ruhigen Stimme den Aspekt der Orientierungslosigkeit hinzu.

Dabei werden Motive angesprochen, die einen hohes Identifikationspotential für jede/n bereit halten: Müdigkeit, Antriebslosigkeit und die Sehnsucht nach der Ferne. Die kräfteraubenden Umstände einer Stadt motivieren zum Aufbruch und dem Entkommen der sich umgebenden Mauern in tristem Grau. MOA weist mit der Zeile „bist so hell, verschluckst alle Sterne“ künstlerisch kreativ auf die Lichtverschmutzung von Städten hin, bevor mit dem Refrain klar wird, dass die Flucht aus der (licht-)verschmutzten Stadt unausweichlich ist: „Ich muss jetzt raus hier, bevor ich erfrier’, alles hat dicht. Ich brauch die Stadt, Land, Flucht.“

Mehr als nur ein Lied

Stadt Land Flucht Cover

Trotz der aktuell begrenzten Möglichkeiten möchte das Kollektiv aus Kasseler Künstlern mit dem am vergangenen Freitag veröffentlichten Song den Weg in hellere und freiere Zeiten bereiten. „Es waren jetzt genug Rückschläge und es kann eigentlich nur besser werden“, fügt der Schlagzeuger Jonas Hoppe hinzu. So erscheint es mehr als logisch, dass der gemeinsame Track nicht nur als Lied verstanden werden soll, sondern vielmehr eine Bewegung darstellt. Anhänger:innen der vier Jungs können sich im Online-Shop das zur Veröffentlichung passende Poster kostenlos bestellen, um Aufmerksamkeit für das Projekt zu schaffen. Auch wenn die Textpassagen einen direkten Bezug zur Pandemie erahnen lassen, wollen die Musiker den Hörer:innen keine Interpretation vorschreiben, sondern setzen auch hier auf den ersehnten Freiraum. „Primär geht es nicht um den Lockdown, aber man kann es – glaube ich – richtig gut reininterpretieren, das war auch nicht ungewollt und bewusst offengelassen“, sagt Jonas Hoppe.

Die Aufforderung zu mehr Freiraum 

Während der Appell zur Flucht durch die sich wiederholenden Zeilen des Refrains eingängig besungen wird, unterstreichen die Vocals von Julian Giese die Widersprüche der Ballungsgebiete. Wie solle man den Tag, das Leben und die Freiheit in vollen Zügen genießen, wenn man dauerhaft dem Stress des Alltags unterliegt? Nüchtern ertönt bei mit Hall versehenen Gitarrenklängen und Synths Julians Stimme: „Zu tot für den Tag, die ewige Nachtschicht. Ich kann nicht schlafen.“ Eine Antwort auf die Frage, wie die ersehnte Freiheit auszusehen habe, bleibt im gemeinsamen Projekt der Musiker aus. Die in der Ferne erkennbaren Farben sind ein starker Kontrast zu den tristen Tönen der Stadt und überraschen Ma Fleur in ihrem Dasein. Verlockend koexistieren Ferne und Nähe, Freiheit und Bedrängnis, sodass im finalen Chorus auf englisch bestätigt wird: „I gotta get out“. Raus in die Ferne, die Freiheit verspricht. 

„Düsterer und ruhiger – das passt gut zu der Zeit“

Der Zusammenschluss von MOA, Fullax und Ma Fleur brachte mit „Stadt Land Flucht“ vergangenen Freitag ein Lied heraus, das mit der ungefilterten Beschreibung einer Gefühlslage überzeugt. Mit Motiven und Handlungen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, bietet der Song seinen Hörer:innen Identifikationsmöglichkeiten. Nicht nur inhaltlich aber auch aus der musikalischen Perspektive treffen die Musiker den Nerv des Moments. „Düsterer und ruhiger – das passt gut zu der Zeit“, finden Fullax. Nun ist auch das unten zu sehende Video auf dem YouTube-Kanal von MOA erschienen. Zu einer Zeit, in der wir uns umso intensiver mit der persönlichen Umgebung auseinandersetzen müssen und Energie einer Seltenheit gleicht, versteht sich „Stadt Land Flucht“ als Kanal für individuelle Interpretationen und Gefühle. Folglich lohnt es sich in den Song des Stadt Land Flucht-Kollektivs herein zu hören. 

„Stadt Land Flucht“ erschien am 16.04.2021 bei Stadt Land Flucht Records. (Beitragsbild: MOA, Pressefoto)

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Kommentare

  • <cite class="fn">Birgit Riedinger-Dippel</cite>

    Dieser song ist ein besonderes Herzstück von Musikern aus Kassel, die ich besonders schätze. Drei bzw. vier Hochkaräter, die mit ihrer Musik schon sehr erfolgreich sind, haben sich zusammengetan und dieses Wunderwerk erschaffen. Der Text spricht für sich. Aussergewöhnlicher Indie-Deutsch-Pop, den es so in dieser Form bisher nie gab, verwöhnt unsere Ohren und unsere Seele. Das ist nicer denn nice. Wir haben zu danken…

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