Glen Hansard: All That Was East Is West Of Me Now

Glen Hansard live Hamburg 2023 Stadtpark by Gérard Otremba Sounds & Books

Mit dem Film „Once“ erlebte Glen Hansard 2006 den großen Durchbruch. Wie gut ist die Musik des Iren auf seinem fünften Soloalbum gealtert?

von Werner Herpell

Alles was einst vor mir lag, liegt jetzt hinter mir – so könnte man den langen Titel von Glen Hansards neuem Album frei übersetzen. Der 53-jährige irische Singer-Songwriter macht sich also Gedanken übers Altern, im Bewusstsein, dass auf einer Zeitachse der größere Teil seines Lebens bereits hinter ihm liegt. Ein für Künstler der mittleren Altersgruppe oft relevantes, im besten Fall ergiebiges Thema – und auch Hansard hat daraus mindestens solide, teilweise sogar brillante Lieder geschöpft.

Bewegende Hansard-Lieder

Glen Hansard All That Was East Is West Of Me Now Cover

So ist etwa

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„There’s No Mountain“ eine für diesen Sänger und Gitarristen ganz typische Ermutigungs-Hymne, mit den schönen Worten „There’s no mountain great or small that You can’t climb“. Das anschließende, von Streichern und knarrendem Standbass verzierte „Sure As The Rain“ kann zu Tränen rühren – es ist sicher eines der bewegendsten Hansard-Liedern seit seinem Oscar-Hit „Falling Slowly“ aus dem Musikfilm „Once“ (2006), in dem der damals noch recht unbekannte Frontmann der Folkrock-Band The Frames die Hauptrolle spielte.

Seither hat Glen Hansard eine erfolgreiche, wenn auch nicht durch die Decke gehende Solokarriere hingelegt – jedes einzelne seiner zwischen Folk, Rock, Blues und Celtic Soul oszillierenden Alben seit „Rhythm And Repose“ (2012) lohnt das intensive Zuhören. „All That Was East Is West Of Me Now“ reiht sich in diesen qualitätvollen Katalog ein, ohne ganz neues Terrain zu erobern – was aber auch gar nicht zwingend notwendig ist angesichts der beruhigenden Reife von Hansards Songschreiber-Kunst.

Glen Hansard nah bei den Wurzeln

Der Musiker hat die acht neuen Songs in einem interessanten Verfahren nah bei seinen Wurzeln in Dublin entwickelt: In einem Pub am Fluss Liffey spielte er „an fünf Dienstagen im November“ vor einem sehr diskreten Stammpublikum die Lieder, bis jeder Ton am richtigen Platz saß, erzählte Hansard dem „Rolling Stone“ (Oktober). Der letzte Dienstagstermin sei dann „wie ein Fest“ gewesen, „weil die Songs ihre Füße gefunden hatten“. 

Nicht umsonst ist „The Feast Of St. John“ der Opener des Albums, weil dieses Lied „genau sagt, wo ich gerade stehe“ – als Singer-Songwriter in den mittleren Jahren, der jederzeit in der Lage ist, eine tolle Platte zu veröffentlichen, ohne sich künstlerisch zu verbiegen oder Trends hinterherzulaufen. Nach diesem noblen Werk – stilistisch irgendwo zwischen Van Morrison, Leonard Cohen, Eddie Vedder und Ray LaMontagne – können wir also davon ausgehen, dass Glen Hansard im „Osten“ seines Lebens noch viel zu erzählen hat.

Das Album „All That Was East Is West Of Me Now“ von Glen Hansard erscheint am 20.10.2023 bei ANTI- Records. (Beitragsfoto von Gérard Otremba, Konzert im Hamburger Stadtpark, 04.08.2023)

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