Emma-Jean Thackray: Yellow – Albumreview

Emma-Jean Thackray credit Joe Magowan

Auf ihrem herausragenden Debütalbum „Yellow“ fusioniert die britische Musikerin Emma-Jean Thackray Jazz, House, Funk und Psychedelic

„Move the body – move the mind – move the soul“. Ein bisschen Beweglichkeit schadet nicht, das weiß nicht nur Emma-Jean Thackray. „Free your mind and your ass will follow“ verordnete George Clinton mit Funkadelic 1970, die Reihenfolge war da noch eine andere, der Grundgedanke jedoch ähnlich. En Voque machten 1992 aus „your ass“ „the rest“, die ganzheitliche Idee deckt sich mit der Herangehensweise Thackrays. Ist es Jazz, Funk, Psychedelic? Urbane, spirituelle, kosmische oder gar okkulte Musik? Am Ende eben alles, beziehungsweise von jedem was. Thackray, laut dem WDR „einer der (..) großen Kreativköpfe im aktuellen Nu-Jazz“, interessierte sich laut Wikipedia schon immer für alle möglichen Sounds, lernte schon früh autodidaktisch Trompete sowie Klavier und intensivierte ihre Kenntnisse später mit einem Studium der Musik neben Jazztrompete.

Ein vollkommenes Album

„Yellow“ ist ihr Debütalbum, was man aufgrund seiner Vollkommenheit kaum glauben mag. Allerdings ist Thackray schon länger eine feste Größe in der ohnehin beeindruckenden, zeitgenössischen New Jazz-Szene, die sich generell diversen Einflüssen gegenüber aufgeschlossen zeigt und damit genauso Konzertsaal- wie Club-tauglich ist. Sie war neben Jorja Smith oder Shabaka Hutchings Teil der Hommage „Blue Note Re:imagined“ (2020) und veröffentlichte bereits diverse EPs – außerdem zeichnete sie sich verantwortlich für die Bläser beim Debüt der Krautrock-beeinflussten Post Punks von Squid.

Emma-Jean Thackray im Geist von McCoy Tyner, Alice Coltrane und Sun Ra

Emma-Jean Thackray Yellow Cover Movementt

„Yellow“ startet und endet mit „Mercury“ – nicht der einzige titelgebende Himmelskörper auf diesem Album. „To listen is to know and to know is to love“ gibt sie uns dabei mit und meint das sicherlich auf das gesamte Zusammenleben bezogen – zumindest, was diese Platte angeht, kann man allerdings wahrhaftiger kaum sprechen. Überirdische Klänge, von Emma-Jean Thackray durchweg selbst arrangiert, produziert sowie auf ihrem eigenen Label veröffentlicht, fusionieren Siebziger-Sounds spiritueller Jazzikonen wie McCoy Tyner, Alice Coltrane oder Sun Ra mit House und Funk. Thackray trompetet dabei nicht nur sondern singt auch –  „kraftvoll und sanft“ wie Michael Rütten im „Jazz Thing“ treffend attestiert.

Die metaphysischen Inhalte über das „Third Eye“ (mit zwei Augen sieht man nur genug zum Überleben, meint Thackery) oder das Beschwören der Licht-und Leben-gebenden Sonne („Sun“) wirken dabei in Zeiten globaler Erwärmung ein wenig kontraproduktiv,  ihr Appell an das friedliche Zusammenleben aller Menschen, die ja gleich („Our People“), aus Sonnenlicht entstanden („Sun“) sowie aufeinander angewiesen sind („Rahu & Ketu“) im besten Fall nett gemeint.

Ein absolutes Veröffentlichungs-Highlight des Jahes

Gebrochen wird dieser perfekte Hippie-Traum durch das Aufflackern persönlicher Dämonen in „Spectre“ und dem Aufruf zu mehr Substanz in „Say Something“ („Don’t just speak, say something“), welche das lyrische Gesamtwerk punktuell aus dem Poesie-Album herausholen. Musikalisch hat Emma-Jean Thackery mit diesem Album jedoch ein beeindruckendes Statement hinterlassen, einen fast einstündigen Trip, der die Beine antreibt, den Verstand fordert sowie die Seele streichelt. Das macht „Yellow“ zu einem absoluten Veröffentlichungs-Highlight, nicht nur verglichen mit der überwiegend großartigen Konkurrenz im UK-Jazz, sondern mit der Gesamtheit der in diesen Jahr erschienenen Tonträger generell.

„Yellow“ von Emma-Jean Thackray erscheint am 02.07.2021 bei Movementt / Rough Trade. (Beitragsbild von Joe Magowan)

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