Debby Friday: Good Luck

Debby Friday credit Katrin Braga

Nach zwei herausragenden EPs nun das Debütalbum von Debby Friday. Kann die Kanadierin auch auf „Good Luck“ überzeugen?

Vertonte Spiritualität, der Einflüsse von C.G.Jung neben tiefgehenden Studien von Psychologie, Philosophie sowie Astrologie zugrunde liegen: Was wie die Entstehungsgeschichte einer neuen Neo-Folk- oder Black-Metal-Scheibe aus Nordeuropa anmutet, äußert sich hier als  punkige Soundattacke über Trap-Beats mit Witch-House-Hysterie. Oder, wie Byte FM nicht unpassend beschreibt: „Industrial-Goth-Trap-Wave von Debby Friday“. Add Hyper-Pop, Noise, Hip Hop, Afro-Beat und wir sind bestenfalls nah dran. Was Debby Friday auf ihrem Debüt (nach zwei ebenso herausragenden EPs 2018 und 2019) stimmig zusammen mixt, ist schlicht sensationell.

Von der „Club-Ratte“ zur YouTube-Professorin

Die Kanadierin mit nigerianischen Wurzeln startete als „kleine Club-Ratte“ im Nachtleben Montreals – erst durchtanzend, dann selber auflegend. Später diverse Studien via YouTube: wie macht man das denn so, mit dem Selbst-Produzieren? Ihr zweiter Versuch wurde bei Bandcamp dann immerhin zum „Album Of The Day“. Vier Jahre später folgt nun

___STEADY_PAYWALL___

das Debüt, es sollte noch weitaus mehr Auszeichnungen einheimsen, wenn Ihr mich fragt.

Crossover 2.0

Der Titeltrack des von Graham Walsh (Holy Fuck) co-produzierten Albums startet das Werk: Industrial mit Sprechgesang und Samples, der nicht wie 90er-Crossover klingt – bei dem sowas allerdings auch nicht spurlos vorbeigegangen zu sein scheint. Über aller Brachialität bleibt Fridays Sprechsingstimme dabei geschmeidig. Track Nummer zwei, „So Hard To Tell“, ist der untypischste des Albums: ein lupenreines Popstück, mit Kleinmädchenstimme sehnsüchtig geträllert, zeitlich entstanden vor dem Rest des Albums und als Single soundtechnisch im Vergleich dazu schon sehr irreführend. Aber nice. Stroboskop-Gewitter ist bei der Vorstellung vom Szenario bei „I Got It“ unerlässlich, wer hier stillsitzen kann, sollte zum Arzt. Acid House-Vibes mit der Unterstützung von Uñas (Chris Vargas vom Punk/Dance-Duo Pelada aus Montreal). Fett. Das anschließende „Hot Love“ erweckt das verschwunden geglaubte Genre Witch House wieder zum Leben, inklusive tiefer Synthiebeats mit hysterischen, hohen Keyboardläufen. Spooky.

Schockverliebt in Debby Friday

 „Heartbreakerrr“ bleibt unheimlich und schließt inhaltlich am Vorgängersong an. Mit seinem Fokus auf dem vokalen Vortrag über den Beats sind wir hier noch am nächsten an Hip Hop oder R&B dran. Ein space-rockiges Keyboard à la Hawkwind eröffnet das folgende „What A Man“, ein post-punkiger Bass sowie eine sägende Psycho-Gitarre lassen Fridays sarkastisches Geschrei noch eindringlicher wirken. Bin schockverliebt.

Selbstzweifel dann im melancholischen „Let U Down“: großes Wave-Drama in Moll, Friday macht sich dazu selber lyrisch fertig und singt dabei fast schon wie eine Chansonnière, ein Highlight in einem Album voller Highlights. Berghain-Vibes in „Pluto Baby“; immer etwas bedrohlicher als bei Shygirl z.B., um sie mal mit einer zeitgenössischen Sound-Innovatorin zu vergleichen, der sie auf Augenhöhe begegnen kann. „Wake Up“ nennt sich der  kurze Rausschmeißer, dessen Sinn sich mir noch nicht erschließt. Nur Tote konnten das bisher verschlafen. Hammer-Album.

„Good Luck“ von Debby Friday erscheint am 24.03.2023 bei Sub Pop/Cargo Records. (Beitragsbild von Katrin Braga)

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Kommentar schreiben