Ein ambivalentes neues Album des Dream-Synth-Pop-Duos Beach House
Erkennst Du, was da gerade läuft?“ „Klar, Beach House. Tolle Band, schöner Sound, würd‘ ich sofort erkennen.“ „Welcher Song?“ „Öh, wart mal… lass mal den Text verstehen. Könnte was von der Neuen sein, hat ja immerhin 18 Stücke drauf, die sind noch nicht so drin bei mir. Oder doch was Älteres? Hach…“
Dieser fiktive Dialog mag etwas verwegen anmuten, vor allem gegenüber allen beinharten Fans des Duos aus Baltimore, das mit „Once Twice Melody“ nun ihr achtes Opus zur Welt gebracht hat. Ungewöhnlicherweise in vier zu unterschiedlichen Zeiten veröffentlichten Kapiteln, die alle seit dem 18. 2. 2022 komplett digital hörbar und ab dem 20.05. in diversen Doppel-Vinyl- sowie CD-Formaten zu erstehen sind. In Schritten mit 2 x 4 beziehungsweise 2 x 5 neuen Stücken konnten sich die geneigten Hörenden also an den neuen Output gewöhnen, der dieses Mal komplett von Victoria Legrand und ihrem Partner Alex Scally selber produziert wurde.
Vielleicht war das auch die sinnvollere Herangehensweise an diese Materie im Vergleich zu der des Rezensenten, der sich die 18 Songs am Stück gab von Tag Eins des Bezugs an. Und danach wieder und wieder, zunehmende Überforderung verspürend. Das ist ja alles ganz schön sowie atmosphärisch stimmig, aber kann man da vielleicht mal was anderes machen neben den im Hall schwimmenden Stimmchen der Akteure und diesen überbordenden Achtziger-Keyboards vor stoischer Rhythmik („Only You Know“, z.B.)?
Feinschliff unterm Kopfhörer
Ja, kann man – haben Beach House häufig in der Vergangenheit und auch „Once Twice Melody“ offenbart, bei näherer Hingabe, durchaus diversen Feinschliff, der am besten unterm Kopfhörer zu entdecken ist. Wenn man nicht ständig abdriftet und sich dabei ertappt, schon wieder nicht richtig zugehört zu haben. Aber von wem, außer von Die-Hard-Fans, kann man diese Hingabe erwarten? Subjektive Highlights finde sogar ich, ohne die Hälfte der beigemengten Songs jedoch wäre der Weg zu Kleinoden wie „Masquerade“ oder „ESP“ weniger vermint. So changiert die Wahrnehmung, zumindest in meinem Fall, zwischen punktueller Verzückung und dem Eindruck extremster Lebenszeitverschwendung. Dass dieses Urteil sehr unfair erscheint ist mir durchaus bewusst, vor allem wenn man meine musikalischen Vorlieben im unten stehenden Kasten nachschlägt.
Beach House klangen schon mal spannender
Doch in der riesigen Veröffentlichungswelt zwischen minimalsten Ambient-Klängen bis fluffigstem Dream-Pop gibt es Unzähliges, dem man das Attribut „Spannend“ oder wenigstens „Interessant“ eher verleihen sollte. Auch, und das macht diese Kritik eventuell doch noch für Fans interessant, in der Diskographie des Duos selbst: „7“ von 2018 beispielsweise geht die hier beschriebene Ambivalenz komplett ab. Jetzt aber genug der Qual und wieder King Hannah aufgelegt.
„Once Twice Melody“ von Beach House erscheint am 20.05.2022 bei Bella Union / PIAS. (Beitragsbild von David Belisle)
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