Sarah Bakewell: Wie man Mensch wird

Sarah Bakewell Wie man Mensch wird Cover Verlag C.H.Beck

Es besteht noch Hoffnung: Sarah Bakewell setzt sich in ihrem neuen Buch „Wie man Mensch wird“ mit dem Humanismus auseinander

Schon der Einstieg ist herrlich: Um die Verwirrung im Kampf um ein einheitliches Verständnis des Begriffes „Humanismus“ zu beschreiben, zitiert Sarah Bakewell aus dem Roman „Second From Last in the Sack Race“ von David Nobbs. Ist es die literarische und kulturelle Erneuerung des 14. und 15. Jahrhunderts, die von Italien ausging, ist es einfach der Versuch, nett und freundlich zu sein und Wohltätigkeit auszuüben oder eine Philosophie, die das Übernatürliche ablehnt und die Auffassung vom zur Selbstverwirklichung fähigen Menschen durch Vernunft und wissenschaftliche Methodik verteidigt? Nun, in allen Ansätzen stecken wesentliche Aspekte des Humanismus.

Religiöse wie nicht-religiöse, philosophische wie praktische und Geisteswissenschaften lehrende Humanisten haben die „menschliche“ Dimension des Lebens im Blick. Wer Entscheidungen lieber aus Verantwortung und Mitgefühl als nach Gesetzen und Geboten trifft, wer das Leben einzelner Menschen interessanter findet als kollektive Visionen, und wer davon träumt, unbekannte Welten zu entdecken, der steht, ob er will oder nicht, in der Tradition des Humanismus.

Sarah Bakewell und die unpopulären Überlegungen

Sarah Bakewell Wie man Mensch wird Cover Verlag C.H.Beck

In zwölf Kapiteln, verteilt auf mehr als 400 Seiten holt Sarah Bakewell in ihrer gewohnt charmanten und launigen Erzählweise weit aus, geht den Ursprüngen des Humanismus auf den Grund, zeigt seine Ausdifferenzierungen und Widersprüche auf und beleuchtet ihn schließlich vor dem Hintergrund tagesaktueller Debatten und Geschehnissen. Nicht weniger als 700 Jahre (Philosophie)Geschichte – von Giovanni Boccaccio bis Wassili Grossmann – verarbeitet sie so zu einer imposanten und höchst amüsanten Lektüre.

Bakewell, die schon zuvor mit ihrem „Café der Existentialisten“, in dem sie sich unter anderem mit Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Albert Camus und Martin Heidegger beschäftigte, ist hochversiert darin, auch komplexere Gedanken verständlich aufzubereiten. Ihr enormes Wissen wird wie beiläufig vermittelt. Dabei ist Sarah Bakewell nicht einfach nur Chronistin, sie wertet die Geschehnisse neu aus, reichert sie mit interessanten Gedanken an und scheut auch vor unpopulären Überlegungen nicht zurück. Die zahlreichen Fotos und Abbildungen tragen ebenfalls dazu bei, dass Geschichte hier lebendig wird.

Einfach und schwierig

Am Ende, nachdem sie Robert Green Ingersoll zitiert hat („Glück ist das einzige Gut. Die Zeit, um glücklich zu sein, ist jetzt. Der Ort, um glücklich zu sein, ist hier. Der Weg, um glücklich zu waren, ist andere glücklich zu machen“) ergänzt sie: „Das klingt einfach; es klingt leicht. Aber es wird all den Einfallsreichtum erfordern, den wir aufbringen können.“ Solange wir Köpfe wie Sarah Bakewell haben, besteht noch Hoffnung.

Sarah Bakewell: „Wie man Mensch wird – Auf den Spuren der Humanisten“, C.H.Beck, aus dem englischen übersetzt von Rita Seuß, Hardcover, 496 Seiten, 978-3-406-80550-9, 32 Euro. (Beitragsbild: Buchcover)

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