John Surman: Words Unspoken

Der britische Saxofonist John Surman bleibt Visionär und Wegbereiter. Auf „Words Unspoken“ verlässt er mit neuem Quartett den Raum des Beschreibbaren

Das Alter spielt für John Surman keine Rolle. Der inzwischen 80-Jährige verfolgt seine künstlerische Entwicklung ohne Rücksicht auf wechselnde Trends oder mögliche persönliche Einschränkungen. Bester Beleg dafür war „Invicible Threads“ von 2018, sein letzter ECM-Release. Für seine neue Platte hat der Brite ein neues Quartett zusammengestellt und Gitarrist Rob Luft, Vibrafonist Rob Waring und Schlagzeuger Thomas Strønen gewinnen können. Es ist eine bunt zusammengestellte Mannschaft, deren unterschiedliche Perspektiven aufs Musizieren dem Album ihren Titel gegeben haben.

John Surman unterbreitet Ideen

John Surman Words Unspoken Cover ECM Records

“Es hat

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mich schon immer fasziniert, von Leuten zu hören, wie viele verschiedene Bilder und Botschaften ein und dasselbe Musikstück in ihrer Vorstellung heraufbeschwören kann”, so Surman in den Liner Notes. Das sei die eine Seite des Titels „Words Unspoken“. Weiter führt er aus: „Die andere bezieht sich auf die Art und Weise, wie ich diese Musik mit meinen Spielpartnern als Band angehen wollte. Ich habe ihnen einfach ein paar Ideen unterbreitet, und dann versuchten wir, ohne vorher zu besprechen, wer welches Element spielen würde und welche Gestalt die Stücke annehmen sollten, die Elemente zusammenzufügen, in dem wir uns einfach nur gegenseitig zuhörten und entsprechend reagierten.”

Wie Lava aus den Boxen

Wie aufregend das klingt, zeigt schon das erste Stück: In “Pebble Dance” powern Vibraphon und Saxofon am Limit, während die Rhythmusgruppe darunter waghalsig balanciert. Als Hörer:in gerät man bei so viel Risikobereitschaft ins Schwitzen. Auch die übrigen neun Stücke tragen diesen Wagemut in sich. John Surman hat die Kompositionen so skelettiert gelassen, dass sie eigentlich erst in der Aufführung entstehen. In „Graviola“ übernimmt Surmans Horn die Bassfunktion und überlässt den Melodiepart Waring und Luft. In „Around The Edges“ beschwört das Quartett mit je gleichberechtigter Stimme eine atmosphärische Dichte, die man fühlen kann. Und das Titelstück fließt und strömt wie Lava aus den Boxen. Verlauf und Zielpunkt bleiben bis zur Schlußsekunde unklar.

„Words Unspoken“ ist Musik, die mit Worten nicht mehr zu beschreiben ist, gespielt von Musikern, die keiner Absprachen bedurften. Hier erreicht Musik einen anderen Aggregatzustand. John Surman bleibt ein Visionär und Wegbereiter.

„Words Unspoken“ von John Surman erscheint am 16.02.2024 bei ECM Records. (Beitragsbild von Emile Holba)

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