DOOL: The Shape Of Fluidity

Dool credit David Fitt

Die Niederländer DOOL setzen mit ihrem dritten Studioalbum ein überwältigendes Statement zum Thema Identität. Musikalisch sowieso. Lyrisch deutlicher denn je. Und schaffen damit einen Meilenstein, nicht nur in ihrer eigenen Diskografie.

von Michael Thieme

Das uns Hörende großes Kino erwarten würde, war wenig überraschend: Das seit 2015 bestehende Quintett aus Rotterdam fußt personell zum Teil (ebenso wie ihre Kolleg.Innen von GGGOLDDD, bei denen DOOL-Gitarrist Nick Polak bis 2016 ebenfalls spielte) auf der Truppe The Devil’s Blood, die mit ihrem einzigartigen Okkultrock das Genre neu definierten. Der zweite Gitarrist Omar spielt als O bei etlichen niederländischen Black Metal-Formationen, allesamt hochklassig. Der neue Drummer Vincent Kreyder veredelt über DOOL hinaus den Dream-Pop von Bleu Reine. Stimme sowie dritte Gitarre Raven van Dorst steht dem Ganzen vor, mit einer außergewöhnlichen vokalen wie emotionalen Strahlkraft, die sie auch schon befreundeten Projekten wie The Nest lieh. Sounds zwischen kreischfreiem

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atmosphärischem Metal mit Ingredienzien aus Doom, Black- und Postmetal, Psychedelic, Progressiv-Rock und (Neo)-Folk.

Pandemie-Opfer DOOL

Dool The Shape Of Fluidity Cover

Der Zweitling „Summerland“ war schon eine exzellente Steigerung gegenüber dem auch schon äußerst gelungenen Debüt „Here Now, There Then“, kam allerdings zu einer blöden Zeit heraus, nämlich 2020. Für eine Band beziehungsweise eine Frontperson, „deren Endziel … es immer (ist), auf die Bühne zu gehen“ (Deaf Forever) und die „den Prozess des Aufnehmens nicht (mag)“ (Rock Hard) kein schönes Timing. Allerdings blieb so mehr Zeit für Reflexion und Songwriting. Herausgekommen sind Stücke, die so direkt wie nie Identität zum Thema haben. Vor allem am Beispiel der als intersexuell geborenen und anschließend chirurgisch „verstümmelten“ (Eclipse) Raven, die mit Namens- sowie Passänderung ihren Status zurück erobert hat und dies mit Zeilen wie „For I am my father’s daughter, And my mother’s son“ illustriert („Hermagorgon“).

Kein Crossover, sondern ein eigenes Genre: DOOL

Die oben erwähnten musikalischen Wurzeln verdichten sich auf „The Shape Of Fluidity“ zu einem homogenen Ganzen, bei dem die Liebe zu den früher bereits gecoverten Killing Joke ebenso beim Gitarrenspiel zu hören ist wie orientalische Einflüsse und sogar Ähnlichkeiten mit italienischen Filmscores der Siebziger auszumachen sind („Self-Dissect“). „Evil In You“ ist der Sisters Of Mercy-Song, den uns Andrew Eldritch seit Jahrzehnten vorenthält. Unter der produktionstechnischen Ägide von Magnus Lindberg (auch Drummer von Cult Of Luna) sowie der sonoren Stimme von Kim Larsen als Duettpartner bei „House Of A Thousand Dreams“ präsentiert sich DOOL anno 2024 als eine Einheit, die kompositorisch nicht mehr nur auf Ravens Schultern liegt und an der die beiden Gitarristen verstärkt Verantwortung übernommen haben. Vielleicht wäre das nicht nötig gewesen, geschadet hat es allerdings definitiv ebenso wenig. Ein prachtvolles Album.

„The Shape Of Fluidity“ von DOOL erscheint am 19.04.2024 bei Prophecy. (Beitragsbild von David Fitt)

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