Gunnar Leue: You’ll Never Sing Alone

Gunar Leue You'll Never Sing Alone Cover Ventil Verlag

Informativ und unterhaltsam erzählt der Journalist Gunnar Leue wie die Musik in den Fußball kam

Das, was Thees Ullmann da im Vorwort dieses Buches erzählt, also wie eine ganze Fankurve am Millerntor nach einem Foul an einen gegnerischen Spieler spontan „Hubschraubereinsatz“ singt – eine Zeile aus einem Song von Foyer des Arts, ist ein Paradebeispiel dafür, wie Spielszenen musikalisch (also meist in Form von Gesängen) kommentiert bzw. begleitet bzw. antizipiert werden. Ich selbst erinnere mich an einen Moment in einem wirklich unterirdischen, weil langweiligen Drittligaspiel an selber Stelle, in der ein vor der Kurve entlanglaufender und modisch eigenwillig auftretender Sky-Mitarbeiter die Zeilen „Kunstlederjacke/Du trägst ne Kunstlederjacke/Kunstlederjaaacke/Du trägst ne Kunstlederjacke“ (auf die Melodie von Guantanamera) zu hören bekam.

Von der Popwelle bis zum Kommerzoverkill

Gunar Leue You'll Never Sing Alone Cover Ventil Verlag

Gemeinsam singen, um anzufeuern, zu protestieren, einzuschüchtern oder die eigene Stärke zu demonstrieren ist unter Fußballfans längst eine Selbstverständlichkeit. Und doch war es nicht immer so. Auf Amateurspielplätzen kann man vielerorts noch erleben, wie Spiele vor dem Einzug von Musik in die Stadien gewesen sein müssen. Gunnar Leue, freier Journalist aus Berlin, der auch die Ausstellung „Der Sound des Fußballs“ kuratierte, schreibt in „You’ll Never Sing Alone – Wie Musik in den Fußball kam“ über die fruchtbare Verbindung von Fußball und Musik. Dabei schlägt er einen weiten Bogen von den ersten Gesängen über die Popwelle (berühmte Popstars wie Rod Stewart, Elton John oder Thees Uhlmann besingen ihren Lieblings-Club; Fußballer stürmen die Pop-Charts) bis hin zur ausdifferenzierten Ultra-Kultur und den Kommerzoverkill heute.

Gunnar Leue findet wahre Schätze

Das ist nicht nur informativ, sondern vor allem auch unterhaltsam. Und wer nach Lektüre dieser detailverliebten Studie nicht heimlich in die Songs von Marco Van Basten, Hans Krankl („Vor, vor noch ein Tor…“) oder den Jacob Sisters („Heut‘ regiert der Fußball“) reinhört, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Dass Leue auch den Fanliedern der Clubs Aufmerksamkeit schenkt, ist ebenfalls löblich. Denn hier stecken die wahren Schätze, die in diesem Buch ihre verdiente Würdigung erfahren.

Am Ende der Lektüre kann man nur staunen, was sich da im Laufe einer doch überschaubaren Zeitspanne so alles an Absurditäten, aber auch Hochklassigem angesammelt hat. Und wer will, kann ja beim nächsten Stadionbesuch mal drauf achten, wessen Melodien er da so singt und wie viel Anteil Musik am Stadionerlebnis hat.

Gunnar Leue: „You’ll Never Sing Alone – Wie die Musik in den Fußball kam“, Ventil Verlag, Hardcover, 256 Seiten, 9783955751999, 28 Euro. (Beitragsbild: Buchcover)

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