Dirk von Lowtzow: Ich tauche auf

Dirk von Lowtzow credit Gloria Endres de Oliveira

Mit Tagebucheinträgen beschreibt Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow in seinem zweiten Buch, „Ich tauche auf“, die Zeit zwischen 2020 und 2021

In einem Interview mit Sounds & Books zu seinem ersten Buch „Aus dem Dachsbau“ erklärte Dirk von Lowtzow, dass ihm das Epische nicht so liege. Dementsprechend wählte er Miniaturen, kleinen Anekdoten, Gedichte, Zeichnungen und Kurzgeschichten, um „Aus dem Dachsbau“ zu füllen. Seinem 2019 eingeschlagenen, literarischen Weg bleibt Dirk von Lowtzow in „Ich tauche auf“ treu. Der Plan war, Tagebuchaufzeichnungen zwischen seinem 49. und 50. Geburtstag (21.03.2020-21.03.2021) zu führen. Dass just in diese Zeitspanne die Corona-Pandemie samt Lockdowns über uns eingefallen ist, war dann Schicksal und für von Lowtzow nicht vorhersehbar. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei „Ich tauche auf“ nur am Rande um ein sogenanntes „Corona-Tagebuch“. Auf aktualisierte Todeszahlen und  tägliche Corona-Updates verzichtet er.

Dirk von Lowtzow und die Einsamkeit

Dirk von Lowtzow Ich tauche auf Cover Verlag Kiepenheuer & Witsch

Aber natürlich kommt den Lesern vieles von Dirk von Lowtzow Notierte aus der Pandemiehardcorephase bekannt vor. Wenn es ihm peinlich ist, eine Maske beim Einkaufen vergessen zu haben und natürlich die fehlende Nähe zu Freunden, die er aus Angst vor einer Ansteckung nicht mehr umarmen konnte. Social distance, die zu Isolation und Einsamkeit führen kann, Gefühle, die sich auch der Tocotronic-Sänger in dieser Zeit zugesteht, in seinem Bärchen indes einen therapierenden Verbündeten gegen die Einsamkeit findet. Dirk von Lowtzows Gesundheitszustand, seine vom Kampf mit seinen inneren Dämonen hervorgerufene Schlafstörungen, Panikattacken und seine Rückenprobleme, sowie die Ausflüge mit Partnerin J. und die Flucht von Berlin ins ländliche Buckow sind wichtige Bestandteile seiner Tagebucheintragungen.

„Ich tauche auf“ und Tocotronic

Ebenso natürlich der zu diesem Zeitpunkt stattfindende Entstehungsprozess des 2022 veröffentlichten Tocotronic-Albums „Nie wieder Krieg“, auf dem sich auch das buchtitelgebende Lied „Ich tauche auf“ – ein Duett mit Soap & Skin – befindet. Dirk von Lowtzow lässt uns teilhaben an seiner Hin- und Hergerissenheit dem Album und einzelnen Songs gegenüber, denn „von peinigenden Selbstzweifeln bis zur massiven Selbstüberschätzung ist es nur ein kurzer Weg“, wie er selbst zugibt. Immer mal wieder streut von Lowtzow Einlassungen zur popkulturellen Entwicklung, die in bestimmter Hinsicht in die falsche Richtung verlaufen („Kurz: Man rockt und rollt für Apple und Spotify. Bezahlt wird für die Inhalte ein Hungerlohn oder gar nicht. Musikerinnen und Musiker werden so von selbstbestimmten Subjekten zu Gauklern degradiert, die über die Dörfer zu ziehen müssen, um sich finanzieren können“). Und dann erwischt sie noch die Pandemie.

Dirk von Lowtzow findet ein optimistisches Ende

Der Indie-Rock-Musiker changiert in seinem zweiten Buch zwischen messerscharfen Analysen und verträumter Nachdenklichkeit. Ein mitunter poetisch-intimes Buch aus von Lowtzows Gedanken, Beobachtungen und Eindrücken, garniert mit Gedichten und Songtexten. „Der Blick nach vorn. Das Glück im Rücken“ lauten seine  beiden letzten Sätze. Trotz eines eher schwierigen Jahres findet Dirk von Lowtzow also ein optimistisches Ende für sein neues literarisches Werk. Ein versöhnlicher und hoffnungsvoller Abschluss, den wir gerne mitnehmen.

Dirk von Lowtzow: „Ich tauche auf“, Kiepenheuer & Witsch, Hardcover, 240 Seiten, 978-3-462-00115-0, 22 Euro. (Beitragsbild von credit Gloria Endres de Oliveira)                       

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