Boy Harsher: The Runner – Albumreview

Boy Harsher Credit Jordan Hemmingway

„Ein Film von Boy Harsher“

Die ehemaligen Filmstudierenden aus Savannah/Georgia Jae Matthews sowie Augustus Muller sind als Boy Harsher inzwischen ein Garant für mit Menschen vollgestopfte Clubs, in denen das euphorisierte Publikum nicht genug bekommen kann vom lasziv vorgetragenen Dark- oder Cold-Wave des Duos – gleichermaßen fasziniert von der Chemie zwischen den beiden, der zwischen Matthews und dem Publikum sowie diesen fantastischen Songs, welche Erinnerungen evozieren an die Meister der scheinbar kalten, industriell wirkenden Sounds in verrauchten Etablissements der 80er Jahre, in denen im Stroboskopgewitter Leiber zucken und Leder glänzt.

Boy Harsher sind dabei jedoch nie „retro“, wie sie mit ihren inzwischen zwei Longplayern neben diversen EPs oder Singles bewiesen haben, sondern schaffen es, vertraute Sounds mit einer sehr eigenen Energie zu füllen, die sich zudem aus artverwandten Klängen wie Synth-Pop, Ambient oder Industrial speist. Damit haben sie sich nicht nur unter Wave-Fans eine treue, ihnen auf Tourneen hinterher reisende Anhängerschaft erspielt, sondern faszinieren darüber hinaus auch Metal-, Punk- oder Avantgarde-Fans. Ein Slot auf dem für solche Schnittmengen berühmten Roadburn-Festival in Tilburg ist ihnen damit sicher, sollte es irgendwann mal wieder stattfinden.

Boy Harshers Soundtrack zum Film von Boy Harsher

Boy Harsher The Runner Cover Nude Club City Slang

Die Musiker, Labelbetreiber und Film-Fans haben ihre Visionen bereits häufiger mit der Kamera eingefangen, indem sie die Videos ihrer Songs selber fabrizierten. Nun zeichneten sie sich verantwortlich für den 40minütigen Horror-Streifen „The Runner“, indem King Woman- sowie Miserable- Stimme Kris Esfandari die Titelrolle spielt. IMDB fasst die Handlung so zusammen: „A woman escapes from a massacre in a motel bedroom.“ Sollten die im Februar anvisierten Konzerte von Boy Harsher stattfinden, so werden die Auftritte in Leipzig (16.2.) sowie in Berlin (17.2.) mit begleitender Filmsichtung verbunden sein, so man denn mag.

Der Soundtrack dazu punktet – zum Teil – mit ausgezeichneten Tracks, die auch ohne bewegte Bilder eigenes Kopfkino produzieren. Der Opener vor allem, „Tower“, ist ein klaustrophobisches Meisterwerk zwischen Witch House oder den Soundtrackarbeiten des Genre-Meisters John Carpenter himself. „Give Me A Reason“ vereinigt anschließend alle Trademarks, für die man Boy Harsher schätzen sollte und überzeugt auf gewohnte Art und Weise.

Die vokalen Fremdbeiträge sind es, die den Hörenden verdeutlichen, dass wir es mit einer Begleitplatte zu einem Film zu tun haben, indem sie einen aus dem gerade aufgebauten Flow etwas herausreißen: „Autonomy“ featured Lucy (aka Cooper B. Handy) und verstört fast schon mit seiner Belanglosigkeit nach den ersten beiden Songs. „Machina“ mit Marina Saldaña (eine Hälfte des Synthpop-Duos Boan aus LA) lockert den Flow dagegen humorvoll auf.

Insgesamt kein Knaller ohne die bewegten Bilder  – außer, man ist Fan

Eine unbetitelte „Piano“-Nummer sowie drei weitere Elektro-Stücke mit grundverschieden Stimmungen komplettieren diese Veröffentlichung – der Tonträger bleibt damit nur leicht unter der Lauflänge des dazugehörigen Films.

Wer auf einen neuen Knaller-Release des begnadeten Duos gewartet hat mag eventuell enttäuscht sein oder wird sich mit der Tatsache abfinden müssen, dass dieser sich nur einstellt, wenn man die bewegten Bilder dazu vor Augen hat. Für Fans jedoch ist zumindest die Hälfte der dargebrachten musikalischen Novitäten als essentiell zu betrachten.

„The Runner“ von Boy Harscher erscheint am 21.01.2022 bei Nude Club / City Slang. (Beitragsbild von Jordan Hemingway)

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