Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn

Stefanie vor Schulte credit Gene Glover Diogenes Verlag

Dekoriert mit dem Hamburger Mara-Cassans-Literaturpreis: Der faszinierende Debütroman „Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte

Und manchmal sind es die unerwarteten Leseerlebnisse, die nachhallen. Eine solch wirkungsvolle Lektüre ist Stefanie vor Schulte mit ihrem Roman „Junge mit schwarzem Hahn“ geglückt. In der Diogenes-Vorschau zwar mit vier Seiten recht prominent – wenngleich erst etwas weiter hinter – präsentiert, handelt es sich hierbei um das literarische Debüt der studierten Bühnen- und Kostümbildnerin. Die 1974 in Hannover geborene und in Marburg lebende Stefanie vor Schulte, deren Romantitel eher auf ein Gemälde schließen lässt, beglückt uns mit einem ungewöhnlichen, bilderreichen und fesselnden Roman, für den sie den Hamburger Mara-Cassens-Literatur-Preis erhält.

Eine Zeit des Krieges und Aberglaubens

Stefanie vor Schulte Junge mit schwarzem Hahn Cover Diogenes Verlag

Stefanie vor Schulte entführt die Leser in eine von Krieg und Pest belastete Zeit (möglicherweise der Dreißigjährige Krieg, doch lässt uns die Autorin hier im Unklaren), in der der elfjährige Martin als Kleinkind ein Massaker des Vaters an seiner Familie miterleben musste. Fortan lebte er allein am Rande des Dorfes, von den anderen Bewohnern eher gemieden, halten die Menschen in Zeiten des Aberglaubens seinen stets mich sich führenden schwarzen Hahn für die Inkarnation des Teufels. Früh wird der junge Protagonist mit dem Bösen in der Welt konfrontiert und als er Zeuge einer Kindesentführung durch einen schwarzen Reiter wird, macht er sich mit seinem sprechenden schwarzen Hahn und dem umherziehenden Maler auf die Suche nach dem verschwundenen Mädchen. Denn der Legende nach geschehen diese Kindesentführungen jährlich. Seine Suche führt ihn bis zum Fürstenhof, wo eine schwerwiegende Mutprobe auf ihn wartet.

Stefanie vor Schulte erfindet einen klugen und empfindsamen jungen Helden

Stefanie vor Schulte konzipiert den Roman als Märchen für Erwachsene, rigoros und poetisch erzählt, mit einem tapferen und Sinn für Gerechtigkeit empfindenden Kind als Held der Geschichte. Die Figur Michaels scheint auf die Charaktere des kleinen Prinzen und Sir Galahad zu basieren. Reinen Herzens, klug, ausgestattet mit einer scharfen Beobachtungsgabe und empfindsam begegnet Michael seinen Abenteuern und den ihm meistens nicht wohl gesonnenen Menschen, mit deren negativen Seiten er auch während seiner Suchreise häufig in Berührung kommt: „Warum muss er finden, was niemand finden will. Warum muss er wissen, dass die Menschen selbst schlimmer sind als alle Dämonen, vor denen sie sich grausen.“ Stefanie vor Schulte baut mannigfach Allegorien in ihren Roman ein und stellt berührende und brutale Passagen dicht aneinander. Mit ihrem lakonischen Schreibstil findet vor Schulte stets den passenden Ton für ihre nur auf knapp über 200 Seiten ausgelegte, sehr faszinierende Geschichte. Ein überaus bemerkenswertes literarisches Debüt.        

Stefanie vor Schulte: „Junge mit schwarzem Hahn“, Diogenes, Hardcover, 224 Seiten, 978-3-257-07166-5, 22 Euro. (Beitragsbild von Gene Glover, Diogenes Verlag)  

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