In Hamburg ist es eisig kalt am 10. Februar 2025. Doch William Fitzsimmons legt eine warme Sound-Decke um die Besucher in der Christianskirche Altona.
Text von Sven Weiss, Fotos von Wanja Wiese
Es ist einer dieser Abende, an denen einfach alles stimmt. Die Christianskirche Altona erstrahlt in einem warmen Schein, ein paar Lichterketten sorgen zusätzlich für Atmosphäre. Die Kirchenbänke sind komplett gefüllt – ein paar Zuschauer müssen sogar stehen – und eine freudige Erwartung macht sich breit, als die Pastorin strahlend das Konzert mit einer kurzen Ansage eröffnet. Die Britin Tessa Rose Jackson leitet den Abend ein, der im Zeichen der von Popup Records liebevoll kuratierten Reihe „Pop Seasons“ steht. Es dürfte für sie sicher nicht normal sein, vor einer so großen und dabei andächtig lauschenden Menge ihre Akustiksongs darzubieten. Es ist ein aufmerksames und äußerst dankbares Publikum, und die Freude darüber steht Jackson ins Gesicht geschrieben.
Beim Klassentreffen mit William Fitzsimmons
Nach einer kurzen Pause schlurft William Fitzsimmons im Holzfällerhemd mit Bier in der Hand den Mittelgang entlang Richtung Bühne. Sofort brandet Jubel auf. Der Amerikaner prostet der Menge zu, und vielleicht spürt er in dem Augenblick auch, dass es einer dieser Abende ist, an denen einfach alles stimmt.
Fitzsimmons ist ein Kind der myspace-Ära. Auf der Plattform veröffentlichte er seine ersten Songs und inspirierte seine Freunde dazu, Banner mit lustigen Illustrationen des Künstlers zu teilen. Inzwischen füllt er große Hallen, was angesichts der maximal ruhigen, mehr gehauchten als gesungenen Songs, die Fitzsimmons spielt, durchaus ungewöhnlich ist.
An diesem Abend sind wahrscheinlich einige alte „myspace-Freunde“ zu Gast, und irgendwie fühlt es sich ja auch an wie ein Klassentreffen. William Fitzsimmons pickt auf seiner Gitarre und säuselt dazu, das Publikum ist wie gebannt. Mehr braucht es nicht. Draußen ist es bitterkalt, und auch in der Kirche ist es, wie das halt in Kirchen so ist, nicht unbedingt wohlig-warm. Macht aber nichts, denn Fitzsimmons legt mit seiner Akustikgitarre eine warme Decke aus Sound um die Zuhörer. Von Song zu Song kuschelt man sich tiefer in diese Decke ein und gerät dabei in eine angenehme Trance.
Traurige Songs und witzige Ansagen
Dabei haben die Songs in den meisten Fällen sehr ernste Hintergründe. Gleich mehrere hat William Fitzsimmons seiner vor kurzem verstorbenen Stiefmutter gewidmet. Der Tod einer ehemaligen Patientin (Fitzsimmons hat auf einer Psychiatriestation gearbeitet) wird ebenso klanglich verarbeitet wie seine zwei Scheidungen. Damit all die Trauer nicht überhandnimmt, hat Fitzsimmons ein Geheimrezept – Humor. Er kontrastiert seine intimen Klagelieder mit vor Witz sprühenden Ansagen, etwa wenn er das Publikum zum Tanzen auffordert; zugibt, dass seine alten Songs exakt so klängen wie die Neuen oder seine Abneigung gegen Drummer erklärt (sein ehemaliger Drummer hat ihm wohl die Frau ausgespannt). Diese Abneigung hindert ihn jedoch nicht daran, ausgerechnet „Against All Odds“ von Phil Collins zu covern.
Fitzsimmons spielt sich durch seine mittlerweile recht umfangreiche Diskographie. Es gibt Klassiker wie „Passion Play“ oder „Afterall“ genauso wie einige Tracks vom neuesten Werk „Incidental Contact“ wie etwa „On My Radar“ oder „Amsterdam“. Als er schließlich seinen letzten Song ankündigt, schreckt so mancher auf – irgendwie hätte man noch Stunden zuhören können. So ist das eben an einem Abend, an dem alles stimmt. Immerhin: Eine Zugabe gibt es natürlich. Und dazu holt sich Fitzsimmons noch einmal Jackson und deren Keyboarder mit auf die Bühne. Sie spielen zwei mehrstimmig intonierte Coverversionen von Fleetwood Mac und Sufjan Stevens.
Dann geht es wieder hinaus in die Kälte. Aber die ist plötzlich gar nicht mehr so schlimm. Die Wärme, die William Fitzsimmons in die Herzen gezaubert hat, hält noch lange vor.















