Vinyl Stories – Ein Bookazine für Schallplattenliebhaber

Das Vinyl-Revival und die Geschichten dahinter

von Gérard Otremba

Ein Lifestyle-Magazin für Vinyl-Fans! Im Vorfeld der Veröffentlichung der ersten Ausgabe von Vinyl Stories war die Furcht groß, ein auf Hochglanz designtes Lifestyle-Magazin in den Händen halten zu müssen. Die Sorge bewahrheitete sich dankenswerterweise nicht. Das vor zwei Wochen im Verlag elegant bei Edel erschienene Magazin Vinyl Stories kommt im angenehmen Vintage-Touch mit kartonierten Umschlagseiten daher. Genauso wie die Haptik ist auch die Optik stimmig. Sehr gut lesbare Schriftbilder, ein ausgewogener Wort-Bild-Anteil und eine gesunder Mix aus Schwarz-Weiß und Farbe. Auf der Frontseite von Vinyl Stories schließt eine junge Frau genießerisch die Augen und ruht sich auf einem Sofa aus. Neben der Liegestatt ist, verschwommen zwar, aber für Kenner sichtbar genug, das Plattencover des Fleetwood Mac-Albums Rumours zu erkennen. Der gelbe Button zitiert The Who, Verweise also, mit denen Musikaficionados per se und Vinyl-Fans im Besonderen etwas anzufangen wissen sollten.

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Die Macher von Vinyl Stories gehen dem Trend des aufkommenden Schallplattenhörens in der Zeit des digitalen Wandels nach. Besprechungen von Langspielplatten gehören nicht zum Inhalt des 144 Seiten starken Bookazines. Stattdessen setzt Vinyl Stories auf Hintergründe, Geschichten, Erinnerungen, Fotostrecken, Skurriles und Informatives, aufgeteilt in die vier Rubriken „Music“, „People“, „Ecosystem“ und „Reflections“. Bevor man jedoch die Inhaltsangabe auf den Seiten 12 und 13 erreicht, hat man eine Fotostrecke bereits hinter sich. Die Bilder von Esther Haase könnten einem Roxy Music-, respektive Brian Ferry-Albumcover (oder Inlet) entstammen, gehören aber zu der Reihe Visual Music Review (in der Rubrik „Music“ folgen zwei weitere im Magazin) und interpretieren den Song „Je t’aime“ von Serge Gainsbourg und Jane Birkin. Womit der erste Brückenschlag und Liebesbeweis zum Objekt der Begierde, zum Vinyl, erfolgreich vollbracht ist, bringen die Fotos das verführerische wie sinnliche Erlebnis des Plattenhörens eindrucksvoll zum Ausdruck. Im selben Maße wie Vinyl Stories den hippen Lifestyle hinter dem Schallplattenrevival aufdeckt, wie im Bericht über junge Menschen, die bei Urban Outfitters Platten teilweise nur um des Besitzes Willen kaufen und die Musik als Download hören (es verwundert, aber das gibt es) oder im Artikel über Jennifer Levin Atocha, die für ansprechendes Geld Designer-Plattentruhen entwirft…

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…bleibt genügend Raum für Abseitig-Nerdiges. Wie das Interview mit dem in Detroit beheimateten Plattenladenbesitzers Brad Hales, dessen Vinyl-Leidenschaft deutlich gewichtiger ist, als sein Geschäftsmodell. Oder über den Plattenladen Way Trax in Denver, Colorado, in dem bereits Bob Dylan beim Stöbern gesichtet worden ist. Die sehr persönlichen Texte von Chefredakteur Michael Hopp über „…Männer, die immer an die Schallplatte geglaubt haben“, von Redakteur Christian Elster und seine Reflexion „…über die Jagd nach dem Schwarzen Gold“ sowie von Autor Nilz Bokelberg, der einen launigen Beitrag über das Verhältnis von Schallplatte und Film schrieb, erfassen das Vinyl-Lebensgefühl wesentlich intensiver als einen etwaigen Vinyl-Lebensstil. Ob in  zukünftigen Ausgaben von Vinyl Stories der Style das Feeling verdrängen wird, muss man beobachten, ausgehen sollte man davon aber nicht. Mit der Melange des ersten Heftes kann der geneigte Leser und Vinyl-Enthusiast sicher sehr gut leben.

Das Bookazine „Vinyl Stories“ erscheint halbjährlich im elegant Verlag der Edel Germany GmbH und kostet 12 €.       

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