Starke ECM-JazzNight mit dem Vijay Iyer Sextet und Nik Bärtsch’s Ronin in der Hamburger Elbphilharmonie
Zwei Hochkaräter an einem Abend: Die ECM JazzNight am 07.11.2018 in der Hamburger Elbphilharmonie war ein Schaulaufen des modernen Jazz. Wenige Monate vor dem 50. Geburtstag zeigten Nik Bärtsch’s Ronin und das Vijay Iyer Sextet stellvertretend die fortwährende Qualität und den ewigen Innovationsgeist des Münchener Labels.
„Groove-Musik“ von Nik Bärtsch’s Ronin
Den Auftakt macht Nik Bärtsch aus der Schweiz mit seinem Quartett, das komplett in schwarz gekleidet den Saal betritt. Und was für ein Auftakt das ist! Das erste Stück „Modul 58“ dauert 20 Minuten, verdichtet sich dabei mit jedem Takt mehr, steigert sich zu einer Kraft, die physisch spürbar ist. Als „Groove-Musik“ bezeichnet Bärtsch den Klang seines neuen Projekts. Was auch deshalb passt, weil alle Instrumente rhythmisch eingesetzt werden. Auch seinen Flügel bearbeitet er immer wieder mit einem Klöppel, zupft die Saiten und hämmert auf Holz. Gespielt werden Stücke des Albums „Awase“. Es sind mathematische Regeln, die hier hörbar gemacht werden, oft auf simplen Patternzyklen basierend.
Doch Ronin spielen mit diesen Formen, verschieben Zählzeiten, brechen Wege ab und variieren die Dynamik. So entstehen immer wieder neue Klangfarben, neue Atmosphären. Es ist Musik, die die Routine durchbricht und Langeweile vermeidet. Die Musiker brauchen dafür den engen Austausch. Sie halten Blickkontakt, vergewissern sich ihrer Entscheidungen. Besonders stark sind auch das etwas zartere „Modul 46“ sowie „A“. Nach etwas mehr als 70 Minuten feiern die Besucher in der nicht ganz ausverkauften Elbphilharmonie den ersten Act mit frenetischem Applaus.
Das Vijay Iyer Sextet mit Stücken aus dem Album „Far From Over“
Nach der Pause betritt dann das Vijay Iyer Sextet die Bühne. Iyer, der nicht nur ein beeindruckender Pianist ist, sondern auch charismatischer Bandleader, stellt dem Hamburger Publikum zunächst seine Band vor. Es seien „his most favourite musicians in the world right now“. Diese gegenseitige Wertschätzung der Musiker untereinander ist spürbar. Die Setlist besteht überwiegend aus Stücken aus dem Album „Far From Over„, das Iyer als Statement gegen Rassismus, Faschismus und White Supremacy verstanden wissen will.
Musikalisch stechen vor allem das groovige „Nope“ heraus, in dem die drei Bläser – der erfahrene Graham Haynes (Flugelhorn), der coole Mark Shim (Saxophon) und Steve Lehman (Saxophon), der beim Spielen körperlich voll mitgeht – ihren großen Auftritt. Rhythmisch komplex, harmonisch herausfordernd ist diese Musik. Urban, zeitgeistig, wegweisend ebenso. Um kurz nach 23 Uhr hinterläßt das Sextett das Publikum in die Nacht mit den Worten „Keep fighting! Keep resisting! Keep listening!“ Ein starkes Schlusswort einer starken ECM JazzNight.
(Beitragsbild: Vijay Iyer Sextett by Lynne Harty)
Die weiteren Termine der JazzNights 2018 mit Vijay Iyer Sextet & Nik Bärtsch’s Ronin:
08.11.2018 Mannheim, Alte Feuerwache
10.11.2018 München, Prinzregenttheater
11.11.2018 Frankfurt, Alte Oper
12.11.2018 Berlin, Admiralspalast