Fünf Jahre nach „Father Of The Bride“ kehren Vampire Weekend zurück. Wohin führt die Reise der New Yorker Indie-Band auf ihrem fünften Album?
von Gérard Otremba
Nachdem das 2019 veröffentlichte und ebenfalls von uns rezensierte Album „Father Of The Bride“ mit seiner überbordenden Fülle von 18 Songs mitunter an genau dieser Überlänge gelitten hat, konzentrieren sich Vampire Weekend bei „Only God Was Above Us“ auf lediglich zehn Songs. Vor diversen Ideen sprudelt allerdings auch das fünfte Album der New Yorker Combo um Mastermind Ezra Koenig. Dieser begrüßt seine Hörer mit den Zeilen „Fuck The World“ im grandiosen Opener „Ice Cream Piano“. Der ganz sachte beginnt, bevor er nach gut 80 Sekunden alle Leinen loslässt und sich in einen Sturm verwandelt, forsche Streicher inklusive.
Vampire Weekend erweitern ihren Kosmos
Ein
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großer Instrumenten-Cluster also zu Beginn, man staunt nicht schlecht über die ungestüme Art von Vampire Weekend. Vielleicht benötigt eine zerbröckelnde Welt aber genau so einen aufrüttelnden Punch in die Magengrube. Nun wünscht Ezra Koenig der Welt nicht den Untergang, und so verströmt das Album noch reichlich Hoffnung, sinnbildlich steht am Ende der Platte das achtminütige „Hope“. Dazwischen acht weitere Songs, die den Indie-Kosmos von Vampire Weekend zusammenfassen, erweitern und in neue Sphären treiben. Das von Sounds & Books zum Song des Tages gekürte „Capricorn“ mit seiner teils windschiefen, aber doch so unglaublich schönen wie wehmütigen Melodie erinnert an die Felice Brothers und war schon der exakt richtige Heißmacher auf „Only God Was Above Us“. Auf dem wieder stark von der Heimatstadt New York inspirierten Album schenken uns Koenig, Chris Baio und Chris Tomson einige ihrer besten Songs überhaupt.
Diverse Sounds
Das sich am Seventies-Pop-Rock orientierende „Classical“ (dieses teilweise herrlich überdrehte Saxophon) versprüht Sehnsucht und Euphorie, „Connect“ verbindet Club-Sound mit Jazz, Klassik und Kirmes und trieft dabei vor Melancholie, während „The Surfer“ den Westcoast-Pop mit Bläsern und Streichern in cineastische Gefilde trägt. Man kann sich kaum der diversen Sounds auf diesem Album entziehen, in „Mary Boon“ trifft des Weiteren ein Kirchenchor auf einen Hip-Hop-Beat, geleitet von einer edlen Klaviermelodie. In all den experimentellen Ansätzen, wechselnden Rhythmen und unterschiedlichen Klängen finden Vampire Weekend aber noch die schönsten Melodien. Ein überragendes Album und das wohl beste in der bisherigen Karriere von Vampire Weekend.
„Only God Was Above Us“ von Vampire Weekend erscheint am 05.04.2024 bei Columbia Records / Sony Music. (Beitragsbild von Michael Schmelling)