Thy Catafalque: Vadak – Albumreview

Thy Catafalque Pressefoto Season Of Mist

„Vadak“ hat das Zeug dazu, im ambitionierten Avantgarde-Metal-Gesamtwerk von Thy Catafalque eine Sonderstellung einzunehmen

Eine der interessantesten Soundschmieden im zeitgenössischen harten Rock ist die, überwiegend und nicht grundlos dem angeschwärzten Avantgarde-Metal zugeschriebene, Ein-Mann-Formation Thy Catafalque aus ursprünglich (und nun wieder) Ungarn. Deren Mastermind heißt Tamás Kátai, seit 2011 betreibt er seine Formation alleine mit wechselnden Gästen. Lesende dieses eher weniger metalaffinen Online-Magazins sollten sich davon nicht abgeschreckt fühlen – die Black Metal-Anklänge sind nur noch in selten aufkommender Raserei sowie insgesamt eher homöopathisch verdünnt zu erleben, außerdem kombiniert mit einer musikalischen Opulenz, die andere Klangfarben mindestens auf ähnliche Weise zulässt.

Solitärer Gesamtsound von Thy Catafalque

Thy Catafalque Vadak Cover Season Of Mist

Das „Avantgarde“-Label ist dabei insofern weiterhin stimmig, da der Gesamt-Sound von Thy Catafalque absolut solitär dasteht und in keine, auch im Metal zahlreich vorhandene Sub-Schublade passt – allerdings nicht, wenn man damit Kakophonie assoziiert oder Unhörbarkeit befürchtet. Ganz im Gegenteil. Unterm Strich ist es eher Wohlklang, der besticht – klangliche Schönheit aus Stimmen (weiblich oder männlich), vielen traditionellen Instrumenten und dem Synthesizer bzw Keyboard. Es wird gesamplet, gerifft, geblasen wie gestrichen; eingespielt mit 16 Gastmusiker:Innen in elf Studios, darunter Aufnahmestätten in Ungarn, der Ukraine, Rumänien, Israel, Brasilien oder den USA. Jedes der in den letzten zehn Jahren veröffentlichten Alben von Thy Catafalque vereinigt diese musikalische Größe in sich, die niemals in Pomp oder Kitsch abdriftet – auf manchen dieser Tonträger dominierte jedoch eher das Folkloristische, während andere eher progrockig Größe demonstrierten.

Sängerin Martina Veronika Horváth verzaubert

„Szarvas“ startet die Scheibe exakt mit solchen Trademarks – elektronisches Blubbern und spacige Keys bahnen den Weg für eine Riffgewalt, die von einer glasklaren Leadgitarre, Chören sowie dezentem Gekeife unterstützt fast schon Symphonic-Metal darstellt, wäre dieser Begriff nicht schon von meist austauschbarer Ware voller Ideenarmut okkupiert. Folkig durch Flöte und weiblichen Chorgesang wird es beim zweiten Stück, „Köszöntsd a hajnalt“: Martina Veronika Horváth verzaubert hier mit ihrem Lead-Gesang, was sie besonders eindrucksvoll auch beim letzten, piano-wie cello-begleitetem Stück „Zúzmara“ wiederholt, mit dem das Album nach ungefähr einer ereignisreichen Stunde Spielzeit ein Ende findet.

Der begnadet Soundtüftler Tamás Kátai

Dazwischen hörten wir Jazz, Pop, Prog- wie Black-Metal, Folk und vor allem stimmige Songs mit wunderschönen Arrangements. Manchmal, nicht oft, ist „Mehr“ eben doch ein „Mehr“. Dem inhaltlichen, anscheinend sehr naturverbundenen Konzept dabei zu folgen ist für Nicht-Ungarisch sprechende Menschen etwas kompliziert, was das Hör-Vergnügen jedoch in keinster Weise schmälert bei diesem enorm abwechslungsreichen und doch homogenen Werk des begnadeten Soundtüftlers Tamás Kátai, dessen gesamte Diskographie man scheuklappenfreien Sound-Gourmets ans Herz legen kann. „Vadak“ hat das Zeug dazu, sogar in diesem ambitionierten Gesamtwerk eine Sonderstellung einzunehmen. Respekt.

„Vadak“ von Thy Catafalque erscheint am 25.06.2021 bei Season Of Mist. (Beitragsbild: Pressefoto)

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