Thee Sacred Souls live im Zoom, Frankfurt 2023

Thee Sacred Souls live Frankfurt 2023 Zoom by Ben Kaufmann Sounds & Books 16

Thee Sacred Souls bringen ihren südkalifornischen Sweet Soul nach Frankfurt

Text und Fotos von Ben Kaufmann

Noch auf der Autobahn. Euphorie liegt in der Luft. Das Album “Life“ von Sly and the Family Stone ertönt lautstark aus den Autolautsprechern. Wenige Momente danach, nun bereits im neu beheimateten ZOOM, entsteht eine Irritation: der Zugang zum zentral gelegenen Konzertraum – dem ehemaligen Herzstück von Sven Väths Cocoon Club – ist abgesperrt. Soulige Klänge sind allerdings schon aus dem kleineren Nebenraum zu vernehmen, welcher sonst nur als Bar genutzt wird. Dass hier wenig später auch das Konzert stattfindet, wird sich noch als Glücksgriff erweisen.

Der DJ versetzt die eintreffenden Zuschauer mit Musik von The Chosen Few, Durand Jones, Thee Sinseers und Ben (L’Oncle Soul) schon einmal in den passenden

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Groove; letzterer stand vor kurzem noch selbst auf der hiesigen Bühne. Ein Staunen über das verhältnismäßig junge Publikum verhallt recht schnell; entsteht doch in den USA seit einigen Jahren eine neue Welle des Chicano Soul.

Jalen Ngonda und Thee Sacred Souls

Ein Double Feature aus dem Hause Daptone Records, das seit geraumer Zeit einen wesentlichen Beitrag zur Wiederbelebung der amerikanischen Soul-Stile der 60er und 70er Jahre leistet. Den Anfang an diesem Abend macht das neue Label-Familienmitglied Jalen Ngonda: ein Soulman, eine Gitarre und “I Found A Love“. Er zollt zunächst – mal mit bewusst entgleisender, mal mit zarter Stimme – seinen Idolen Wilson Pickett und Etta James Tribut, bevor er seine eigenen Songs zum Besten gibt.

Dieser mutige Alleingang wird von einer zwar zahlenmäßig überlegenen, jedoch emotional ebenbürtigen Band abgelöst: Thee Sacred Souls aus San Diego betreten die Bühne. Programmatisch starten sie mit dem gefühlsüberbordenden “Overflowing“; ein Song, der mit Josh Lanes wiederholt an Marvin Gaye erinnernde Stimme und den südkalifornischen Klängen zwischen Chicano und Sweet 60’s Soul zwei essentielle Bandeinflüsse aufzeigt. „There are some guys from California!“ Lanes freudige Feststellung bekräftigt, wie verortet ihre Musik ist.

Thee Sacred Souls setzen auf musikalische Direktheit

Spätestens nach “Sorrow For Tomorrow“, das Lane für einen verstorbenen Freund geschrieben hat, wird deutlich, warum diese Live-Performance berührt. Er singt nicht in emotionalen Metaphern, sondern hat diese Situationen selbst durchlebt. „Protagonist or antagonist? I’ve been both!“ Diese Unmittelbarkeit spiegelt sich auch im Sound der Sacred Souls wider. Drummer Alex Garcia nahm sich den Rare Soul zum Vorbild, weil dieser aufgrund der knappen Studiozeiten oft rauer und direkter klinge. Es verwundert daher nicht, dass sie mit ihrer Version der Moovers-Rarität “Someone To Fulfill My Needs“ aufwarten.

Selbst die ‚Background-Sängerinnen‘ Jensine Benitez und Tatiana Sandate werden ihrer entfernungsgebietenden Betitelung nicht gerecht, denn sie stehen, wo glanzvolle Soul-Stimmen immer hingehören sollten: ganz vorne, Seite an Seite mit dem Leadsänger. “Happy And Well“ führt gar zum Duett zwischen Lane und Benitez, bei dem man sich kurzzeitig an Terrell und Gaye erinnert fühlt – but this time it seems real.

„Love is the way!“

Wenn vor der ersten Zugabe “Future Lover“ der introvertierte Bassist Sal Samano – neben Lane und Garcia das dritte Bandurgestein – und Gitarrist Shay Stulz gänzlich unaufgeregt die Rollen tauschen, geschieht dies dem Gefühl nach weniger aus Showgründen, denn aus gegenseitigem Vertrauen. Und wenn während der zweiten Zugabe “It’s Our Love“ der dreadlockige Charismat Lane in das erfüllte Publikum schlüpft, dann seiner Körpersprache nach nicht aus Selbstbeweihräucherung, sondern um sich zu erden und mit allen Anwesenden auf einer Ebene zu sein. „Feel it in your heart.“

Fernab eines bedenklichen Idealismus scheint sich im Konzertraum für kurze Zeit eine kollektive Herzenswärme einzustellen, frei von Missgunst, Arroganz und Neid. Es ist alles ein wenig anders bei einem Konzert von Thee Sacred Souls; in erster Linie ungekünstelt und daher mehr als nur eine musikalische Erfahrung.

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