The Zombies: Different Game

The Zombies credit Alex Lake

Ihr Timing war oft ungünstig, aber als eine der wenigen Sixties-Pop-Bands sind The Zombies 60 Jahre danach immer noch aktiv und kreativ. Das neue Album von Blunstone, Argent und Co. ist ein großes Vergnügen.

von Werner Herpell

Wenn jemand das darf, dann The Zombies als eine der Pionierbands des sogenannten Barock-Pops der Sixties. Mit einem Orgel-Sound, der sofort an die klassisch inspirierte Melodie von Procol Harums „A Whiter Shade Of Pale“ erinnert, eröffnen die britischen Veteranen um Sänger Colin Blunstone und Keyboarder Rod Argent (beide inzwischen 77 Jahre alt) ihr Comeback-Album „Different Game“. Und man schwelgt sofort wieder in jener üppigen Klangwelt der Schöpfer von Meisterwerken wie dem Album „Odessey And Oracle“ (1968) oder den Singles „Time Of The Season“ und „She’s Not There“.

„Wir sind nie Trends hinterhergelaufen“

The Zombies Different Game Cover Cooking Vinyl

Auf „Different Game“ bleiben The Zombies ihrem typischen

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„British Invasion“-Pop der späten 60er treu, ohne dass es jemals altbacken oder selbstgefällig wirkte. Sie zitieren hier und da berühmte Kollegen – neben Procol Harum im Opener/Titelsong lassen sich etwa Steely Dan (in „Dropped Reeling & Stupid“) und Brian Wilson mit seinen Beach Boys (in „Rediscover“) heraushören. „Wir sind nie Trends hinterhergelaufen“, stellt Blunstone im Interview von Sounds & Books jedoch klar. „Also im Endeffekt gibt  es auf unserem neuen Album vielleicht Einflüsse, aber nichts ist Kopie. (…) Wir schreiben eben auch weiterhin echte Songs mit einer Struktur.“

Das trifft für „Different Game“ hundertprozentig zu. Besonders im zentralen „You Could Be My Love“ klingen Blunstone, Argent sowie ihre drei jüngeren Mitstreiter Soren Koch (Bass), Steve Rodford (Schlagzeug) und Tom Toomey (Gitarre) schlicht und einfach wie die Zombies vor 55 Jahren – für Fans zeitlos schöner britischer Popmusik sicher eine gute Nachricht. Erstaunlich juvenil ist der Sound etwa im beschwingten Piano-Rocker „Merry-Go-Round“ oder im bluesigen „Got To Move On“.

Sänger Colin Blunstone: Euphorie und Kraft

Und Blunstone singt durchgehend mit einer frischen Euphorie und emotionalen Kraft, wie man sie diesem älteren Herrn vielleicht nicht mehr unbedingt zugetraut hätte. Man müsse dafür „bei Aufnahmen oder Tourneen auf sich achtgeben, denn die Stimme ist eine Reflexion dessen, wie man sich gerade fühlt“, sagt der Ober-Zombie über sein Erfolgsrezept. „Also viel Schlaf bekommen und gut essen. Und sehr wichtig ist auch, viel Wasser zu trinken. (…) Das Allerwichtigste war, dass ich in meinen Fünfzigern angefangen habe, mit einem Gesangslehrer zu arbeiten.“

Wenn man The Zombies heute hört, bedauert man umso mehr das ungünstige Timing dieser Band. Sie bestand zunächst nur von 1964 bis 1967 und erlebte den Erfolg ihres längst als Popklassiker gepriesenen Albums „Odessey And Oracle“ sowie einiger Hits daher gar nicht mehr so richtig. Erst 1999, mit der künstlerischen Reunion von Blunstone/Argent, und in den Jahren danach wieder als The Zombies ging es weiter mit mehreren bemerkenswerten Alben. „Different Game“ wird nun vom abendfüllenden Dokumentarfilm „Hung Up On A Dream“ und einer Tournee begleitet. Das Quintett sei dabei keineswegs daran interessiert, „immer nur die alten Klassiker zu spielen“, betont Blunstone. „Wir könnten keine reine Oldie-Band sein. Wenn wir heute auftreten, ist da sogar mehr Energie als in den Sixties – wir machen echt keine Gefangenen.“

The Zombies – eine unterbewertete Band?

Sind The Zombies also eine innerhalb der Pop-Historie unterschätzte Band, auch weil ihr Werdegang so kompliziert war? Der bescheidene und liebenswürdige Sänger Blunstone würde das nie so vor sich hertragen: „Es ist nicht an mir, das zu beurteilen, also unsere künstlerische und kommerzielle Laufbahn zu bewerten“, sagt er im Gespräch mit Sounds & Books. „Ich kann nur betonen, dass wir immer mit ganzem Herzen geschrieben, aufgenommen und performt haben. Erfolg war nie unsere Hauptmotivation. Das mag jetzt ein bisschen prätenziös klingen, aber uns ging es immer um die Kunst und nicht um das Geld. Also müssen andere beurteilen, ob wir unterbewertet sind.“ Mit „Different Game“ werkeln The Zombies definitiv weiter am eigenen Denkmal.

„Different Game“ von The Zombies erscheint am 31.03.2023 als CD, LP und digital bei Cooking Vinyl. (Beitragsbild von Alex Lake)

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