The Rolling Stones: Blue & Lonesome – Album Review

Jagger, Richards, Watts und Wood auf einem beeindruckenden Blues-Trip

von Gérard Otremba

Wieso sollten sich die Rolling Stones im fortgeschrittenen Alter noch die Mühe machen, eigene Songs zu komponieren? Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts und Ronnie Wood haben alles gesagt, Musikgeschichte geschrieben und so gute Songs wie in den 60er- und 70er Jahren können die Stones gar nicht mehr schreiben. Zwar war A Bigger Bang, das letzte Studio-Album von 2005, kein schlechtes, gewiss. Doch erinnert sich jemand ernsthaft an einzelne Songs? Eben. Die Rolling Stones leben von und mit ihren Klassikern, und die heißen „Sympathy For The Devil“, „(I Can’t Get No) Satisfaction“, „Jumpin‘ Jack Flash“, und „Brown Sugar“ (und viel weitere mehr). Neue Songs sind aber auch gar nicht nötig, denn die Stones erinnern auf Blue & Lonesome an ihre frühen Tage und erweisen dem Blues ihre Reminiszenz.

Die Huldigung der Stones vor Jimmy Reed, Willie Dixon, Eddie Taylor, Little Walter und Howlin‘ Wolf gleicht einem Triumphzug. Einst begannen die Stones ihre Karriere als Blues-Band in kleinen Londoner Clubs, zum Blues kehren mit Blue & Lonesome zurück. An drei Tagen im Dezember letzten Jahres nahmen die Rolling Stones mit Hilfe von Bassist Darryl Jones und den Pianisten Chuck Leavell und Matt Clifford (sowie Eric Clapton bei zwei Songs an der Gitarre)  die zwölf auf Blue & Lonesome versammelten Tracks auf, live und ohne Overdubs. Und wozu die Stones als Band in der Lage sind, demonstrieren sie hier eindrucksvoll. Sie sind wild und gleichzeitig leger, sie fangen einen ungeschliffenen, rohen und dreckigen Blues-Sound perfekt ein und Mick Jagger stürzt sich mit Nachdruck in seinen unnachahmlichen, leidenschaftlichen und fiebrigen Gesang. Noch überzeugender sein grandioses Bluesharp-Spiel, das sich wie ein roter Faden durch das Album zieht.

Und wenn dann Chuck Leavell bei „All Of You“ zu einem Pianosolo ansetzt, ist es um den Musikfreund endgültig geschehen. Kein Laid-Back-Blues nirgends, die Stones atmen den Staub der Straße, Richards und Wood übertreffen sich mit knochentrockenen Gitarrenriffs und Watts poltert munter auf seinen Drums. Mit Jim Keltner an den Percussions wird der „Hoo Doo Blues“ in einen Zauberbann verwandelt und „Ride ´Em On Down“ rollt geschmeidig, aber mit Vollgas dahin, ein Fest für alle Blues Brothers-Fans. Ausgerechnet mit dem Cover-Album Blue & Lonesome ist den Rolling Stones also ein echter Coup gelungen. Was will man da schon mit neuen Eigenkompositionen? Im Prinzip stellt Blue & Lonesome den perfekten Ausklang der Albumkarriere für die Stones dar. Back to the roots, aber mit Vehemenz. Respekt, die Herren!

„Blue & Lonesome“ von The Rolling Stones ist am 02.12.2016 bei Polydor Records / Universal erschienen.

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