The New Pornographers: Continue As A Guest

The New Pornographers Credit Ebru Yildiz

Neko Case, A.C. Newman und Dan Bejar sind die bekanntesten Namen bei The New Pornographers. Auch (fast) ohne Letzteren gelingt den Kanadiern ein feines Album.

von Werner Herpell

Mal chaotische Vancouver-WG mit Drehtür-Effekt, mal souveräne Indie-Supergroup eines modernisierten Power-Pops: Es macht den Charme von The New Pornographers aus, dass man diese kanadische Band auch gut 20 Jahre nach ihrer Gründung kaum zu fassen kriegt. Das neue Album pendelt wieder zwischen den jugendlichen Sturm-und-Drang-Liedern der Anfangszeit (etwa im recht schrill aus den Boxen scheppernden Opener „Really Really Light“) und dem elaborierten Alternative-Artpop jüngerer Alben (siehe „Pontius Pilate’s Home Movies“ direkt im Anschluss). Und so stilistisch offen, vielleicht auch ein wenig unentschlossen geht es weiter.

Case und Newman singen mit Charisma

The New Pornographers Continue As A Guest Cover Credit Amy Casey

Was nicht heißen soll, dass

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„Continue As A Guest“ eine schwächere Pornographen-Platte ist (von wirklich schlechten kann bei so einem Top-Ensemble ohnehin keine Rede sein). Der Titelsong mit wechselnden Gesängen, Saxofon und Steel-Gitarre etwa gehört zu den besten, spannendsten Tracks dieser verdienten Band. Und natürlich lebt auch das neue Album vom Charisma der beteiligten Sängerinnen und Sänger: auf der einen Seite Neko Case mit ihrer klaren, voluminösen Kraftpaket-Stimme, aber auch Keyboarderin Kathryn Calder; auf der anderen insbesondere Band-Gründer A.C. Newman. Das stark von Zach Djanikians Sax geprägte „Marie And The Undersea“, das an die reifen B-52s erinnernde „Angelcover“ sowie der verschachtelte, hinreißend melodische Closer „Wish Automatic Suite“ sind ebenfalls toll.

Vielleicht liegt die nicht ganz geglückte Erfüllung höchster Erwartungen beim aktuellen Werk der New Pornographers einfach daran, dass man ihr Musizieren auf hohem Niveau und ihre latente Unberechenbarkeit letztlich doch schon etwas zu genau kennt seit dem Glanzstart mit gleich drei fantastischen Alben („Mass Romantic“ von 2000, „Electric Version“ von 2003 und „Twin Cinema“ von 2005). Zudem fehlte diesmal womöglich ein kreativer Querkopf wie Dan Bejar (Destroyer), der nur an „Really Really Light“ mitschrieb. Dafür stammt „Firework In The Falling Snow“ aus einer Kooperation Newmans mit Sadie Dupuis (Speedy Ortiz).

New Pornographers: Nicht Teil des Zeitgeists, aber glücklich

Der Band-Boss räumt ein, dass „Continue As A Guest“ auch mögliche Probleme anspricht, die man hat, wenn man so lange in einer Band ist: „Die Idee, als Gast weiterzumachen, passte gut in diese Zeit. Sich in der Kultur, in der Gesellschaft fehl am Platz zu fühlen, in einer Band zu sein, die es schon so lange gibt, sich nicht als Teil eines Zeitgeistes zu fühlen, sondern glücklich zu sein, getrennt zu sein und sein einfaches Leben zu leben, sein langes Ausblenden. (…)  Finde dein eigenes kleines Nirgendwo, finde einen Raum zum Zergehen, mach als Gast weiter.“ Erfolg haben The New Pornographers mit ihrem flexiblen, inzwischen gut eingeführten Bandgefüge und Sound allemal: Das Vorgängeralbum „In The Morse Code Of Brake Lights“ (2019) kam auf Platz 2 der Billboard Alternative Charts, Rang 6 der Billboard Rock Charts und Platz 15 der „großen“ Album-Charts.

„Continue As A Guest“ von The New Pornographers erscheint am 31.03.2023 bei Merge Records/Cargo. (Beitragsbild von Ebru Yildiz)

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