The Linda Lindas: Growing Up – Albumreview

The Linda Lindas credit Zen Sekizawa

Erwachsen werden mit The Linda Lindas

Seit 2018 bereits existiert die Garage-Punk-Band The Linda Lindas aus LA, alte Häsinnen also fast schon. Eröffnungsshows für Bikini Kill oder Best Coast stehen ebenso in ihrer Band-Vita wie die Mitwirkung in Amy Poehlers feministischer Empowerment-Dramödie „Moxie“. Das ist alles umso erstaunlicher, wenn man das Alter der vier Freundinnen betrachtet – Gitarristin Bela Salazar wurde 2004 geboren und ist die älteste in der Truppe, Drummerin Mila De La Garza erst 2010. Zu Zeiten der Bandgründung war sie damit gerade einmal acht Jahre alt. Ihre Schwester Lucia De La Garza (Gitarre) kam 2007 auf die Welt, Bassistin Eloise Wong 2008.

Kein Kindergeburtstag

The Linda Lindas Growing Up Cover Epitaph

Umso erstaunlicher, dass das LP-Debüt der Ladies, deren Bühnennamen schlicht Linda Linda No 1 bis No 4 lauten, musikalisch keinen Kindergeburtstag darstellt, sondern höchst professionellen und clever arrangierten Indie-Punk-Rock, der stimmig zum Profil ihrer Plattenfirma Epitaph passt; Heimat punkiger Schwergewichte wie den Dropkick Murphys, Frank Turner oder Bad Religion. Schlagartig in den Fokus der Öffentlichkeit gerieten sie mit der gefilmten Live-Performance von „Racist, Sexist Boy“ – einer kraftstrotzenden Anklage gegen einen solchen Mitschüler von Eloise, die weltweit für Sympathie, Solidarität und Respekt sorgte. Über 4 Millionen Mal soll der Clip auf Instagram bisher aufgerufen worden sein, Tendenz weiterhin steigend.

The Linda Lindas treffen einen Nerv

Dank eines solchen (verdienten!) Hypes werden wir das Quartett ungleich anderer neuer Punkformationen nicht auf Tour in kleinen Clubs oder gar besetzten Häusern erleben dürfen, sondern in Deutschland zum Beispiel nur auf den fetten Festivals Rock am Ring/Rock im Park. The Linda Lindas treffen halt einen Nerv, nicht nur mit ihrem Kult-Hit „Racist, Sexist Boy“, der „Growing Up“ nach knapp 35 Minuten abschließt, sondern ebenso mit den Perlen vorher.

Der Opener „Oh!“ zum Beispiel beschreibt Unsicherheiten, die nicht nur Heranwachsende kennen („Oh, when I say something, I wish I had shut up.  And when I try to help, I always screw things up“) vor rotzigem Garagensound, an dem auch Jack White seine Freude hätte. Der anschließende Titelsong ist eine grungige Ode an die Freundschaft und beschert sofort gute Laune – ebenso wie der Bubblegum-Pop von „Talking To Myself“. In „Fine“ wird der Ton wieder rauer, die Aussage dahinter: Das vielleicht aufbauend gemeinte „Alles ist/wird gut“ ist in der Regel weder wahr noch hilfreich, sondern meistens schlicht gelogen. Im weiteren Verlauf wird der Katze „Nino“ gehuldigt oder Selbstzweifel wie Hoffnung formuliert, bei „Cuántas Veces“ auch auf spanisch.

Gut hörbarer Gitarren-Pop mit gesellschaftlicher Relevanz

Der musikalische Cocktail aus melodischem bis rotzigem Punk, loungigen bis wavigen Indie-Rhythmen sowie Prisen von frühem Beat bis Grunge erschafft ein durchweg sehr gut hörbares Album mit Pop-Appeal und gesellschaftlicher Relevanz. Eine ganz beachtliche Leistung, erst Recht in diesem Alter. Hut ab.

„Growing Up“ von The Linda Lindas erscheint am 03.06.2022 bei Epitaph (Beitragsbild von Zen Sikizawa)

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